Verwendung von Galanthamin zum Herstellen von neuen Arzneimitteln
Die Erfindung betrifft die neue Verwendung von Galanthamin oder eines Analogons oder eines pharmazeutisch annehmbaren Säureadditionsalzes hievon zur Herstellung von Arzneimitteln für die Behandlung des Lang- don-Down Syndroms (Mongolismus, Trisomie 21), für die Behandlung des Glaukoms, für die Behandlung der Myasthenia gravis und des damit verwandten Eaton-Lambert Syndroms und/oder für die Behandlung des Nervenkompressionstraumas.
Das Down-Syndrom ist auf eine Verdreifachung des Chromosoms Nr. 21 zurückzuführen, d.h. die Patienten haben einen Satz von 47 statt 46 Chromosomen, was zytologisch relativ einfach nachzuweisen ist. Triso¬ mie 21 ist mit mittelgradiger bis schwerer geistiger Behinderung und einer Reihe körperlicher Dysmorphiezeichen verbunden. Eine ursächliche Therapie ist derzeit nicht möglich. Die bestehenden Behinderungen lassen sich durch gezielte therapeutische Maßnahmen beeinflussen, jedoch bleibt eine Hilfsbedürftigkeit in der Regel bestehen.
Die verschiedenen Arten des Glaukoms sind zusammengenommen weltweit für die Mehrheit der erkrankungsbedingten Fälle von Erblindung ver¬ antwortlich. In den USA und Europa schätzt man die Zahl der Betroffe¬ nen auf jeweils zumindest 2-3 Millionen. Da das Glaukom zumeist keine Schmerzen oder sonstigen markanten Symptome bewirkt bevor ein deutli¬ cher Verlust des Sehvermögens eingetreten ist, geht man jedoch davon aus, daß etwa die Hälfte der Fälle nicht korrekt diagnostiziert ist.
Beim Glaukom handelt es sich um eine optische Neuropathie, die durch eine Schädigung des Sehnervs und damit verbundene Beeinträchtigungen des Sehvermögens charakterisiert ist. Es handelt sich dabei das ge¬ meinsame Endstadium einer Anzahl verschiedener das Auge betreffenden Erkrankungen. Sobald eine kritische Anzahl von Neuronen des Sehnervs zerstört ist, entwickeln sich vorerst an der Peripherie des Sehfeldes "blinde Flecke", die sich zunehmend auf das zentrale Gesichtsfeld ausdehnen. Sobald der Sehnerv die von der Netzhaut ausgehenden Signale nicht mehr korrekt an das Gehirn übertragen kann, ist ein irrever-
sibler Verlust des Sehvermögens gegeben.
Da etwa ein Prozent des Kammerwassers pro Minute ausgetauscht wird, muß die Flüssigkeitsbalance des Auges genau ausgeglichen sein. Der bedeutendste Risikofaktor für die Entwicklung eines Glaukoms durch mechanische Schädigung des Sehnervs ist ein über der Obergrenze des Normalwertes von 20 mm Hg liegender Augeninnendruck.
Die Unterarten des Glaukoms werden anhand des von Linse und Iris eingeschlossenen Winkels und des Augeninnendruckes klassifiziert:
1. In den Offenwinkelglaukomen liegt eine vordergründig normale Anato¬ mie des Auges vor, aber der Abfluß des Kammerwassers durch das trabe- kuläre Netzwerk ist behindert, sodaß der Augeninnendruck steigt.
2. In den Engwinkelglaukomen (Winkelblockglaukom) wird die Iris vom primär erhöhten Augeninnendruck gegen das an sich intakte trabekuläre System gepreßt, worauf der Abfluß des Kammerwassers behindert wird.
3. Im Niederdruckglaukom liegt eine primäre Schädigung der Linse bei mäßig erhöhtem oder normalem Augeninnendruck vor. Unzureichende Blut¬ versorgung des Auges gilt als hauptsächlicher Risikofaktor, jedoch werden auch erniedrigter Blutdruck oder Schädelinnendruck, primäre Degeneration der Ganglien, Autoimmunerscheinungen, Anomalien des Bindegewebes und Neurotoxine als Kofaktoren diskutiert.
Es bestehen darüber hinaus eindeutig genetische Risikofaktoren für die Ausbildung eines Glaukoms. Eine intensive Suche nach den entsprechen¬ den Genloci ist derzeit im Gange.
Myasthenia gravis (MG) ist eine Autoimmunkrankheit, bei der das Immun¬ system Antikörper gegen die Acetylcholinrezeptoren an den Verbindungs¬ stellen zwischen Nerven und Muskeln (den sog. neuromuskulären End¬ platten) des eigenen Körpers bildet. In dem eng mit der MG verwandten Eaton-Lambert Syndrom sind diese Autoantikörper nicht gegen die post- synaptischen Rezeptoren gerichtet, sondern gegen Proteine der präsyn- aptischen durch Kalzium gesteuerten Kanäle, die dem Acetylcholin den Austritt in den synaptischen Spalt ermöglichen.
Die jeweiligen Antikörperziele werden dadurch inaktiviert bzw. zer¬ stört, sodaß es immer schwieriger wird Muskelkontraktionen auszulösen, was zuerst zu einem Gefühl der unüberwindlichen Müdigkeit und schlie߬ lich zu einem Zustand der Lähmung führt. Häufig treten die ersten Manifestationen in der Muskulatur der Augen auf, in weiterer Folge werden Schlund und Kehlkopf und schließlich die gesamte Skelettmusku¬ latur betroffen.
Die Hauptformen der MG sind:
1. Spontane adulte MG, die ohne bekannten Auslöser bei Frauen meistens in der dritten, bei Männern in der fünften Dekade einsetzt und deren Symptome sich innerhalb von drei Jahren nach der Erstmanifestation voll ausprägen.
2. Infektionsbedingte MG kann (eventuell durch einen Prozeß molekula¬ rer Mimikry verursacht) nach Herpes oder bakteriellen Infektionen auftreten.
3. Medikamentös induzierte MG ist ein Risikofaktor der Behandlung mit Penicillamin und verwandten Antibiotika.
4. Transiente neonatale MG tritt bei Neugeborenen auf, die im Verlauf der Schwangerschaft pathogene Immunglobuline (mit oder ohne Rezepto¬ rantikörper) aus dem mütterlichen Kreislauf transplazentar erhalten. Sie manifestiert sich bei ca. 12% aller Kinder von MG-Patientinnen innerhalb der ersten drei Tage post partum und ist innerhalb von 1-4 Wochen selbstlimitierend.
Myasthenia gravis kann mit anderen Autoimmunkrankheiten vergesell¬ schaftet sein, wobei eine bestehende Erkrankung der Schilddrüse die Symptome verschlimmern kann. Thymektomie führt meist innerhalb eines Jahres zu einer Verbesserung der Symptomatik, und wird daher allen postpubertären MG-Patienten bis zum 60. Lebensjahr empfohlen.
Das viel seltenere Eatσn-Lambert Syndrom äußert sich ebenfalls in progredienter, z.T. schmerzhafter Muskelschwäche, vor allem im Bereich des Unterleibes und der Oberschenkel, sowie in Trockenheit des Mundes
und verschiedenen Parästhesien.
Mechanische Schädigung des zentralen oder peripheren Nervensystems kann aus einer Vielzahl unterschiedlichster traumatischer Ereignisse resultieren, ist meistens schmerzhaft und resultiert oft in Lähmungs¬ erscheinungen. Auch wenn die mechanische Integrität des betroffenen Nervs gewahrt bleibt, kann er durch Kompression beeinträchtigt sein. Akutes transientes Kompressiontrauma kann eine Folge der sich durch das Gewebe fortpflanzenden Schockwelle nach einem Schlagtrauma sein, während chronische Kompression durch kongenitale Mißbildungen, Ver¬ schiebungen, Blutungen oder raumfordernde Prozesse ausgelöst wird, wenn der Nerv gegen einen Knochen gedrückt wird. Die durch das Kom¬ pressionstrauma erfolgende Reizung führt zu unkontrolliertem Feuern der betroffenen Neuronen, ein Prozeß, der Schmerzempfindung auslöst, mit der normalen Nervenfunktion interferiert, und unbehandelt zu bleibenden Schädigungen führen kann. Häufige Ursachen transienter oder chronischer Nervenkompression sind Schlag oder Druck auf Schädel oder Wirbelsäule, Zahnextraktion, Tumore, angeborene oder durch Verschie¬ bung erzeugte Nähe von Nerven zu größeren Blutgefäßen oder Aneurismen, und im Falle des Glaukoms erhöhter Augeninnendruck.
Wie erwähnt, gibt es derzeit keine wirksamen Mittel zur Verbesserung der ursächlichen Behinderung von Menschen mit Trisomie 21. Medikamen¬ töse Interventionen beschränken sich auf Gabe von Wachstumshormonen (Somatotropin), anabolisch wirkenden Steroiden (z.B. Oxandrolon), Serotonin, sowie hoch dosierten Vitaminen und Mineralstoffen.
Die medikamentöse Behandlung des Glaukoms konzentriert sich auf die Reduktion des Augeninnendruckes durch topische Applikation an den vorderen Teil des Auges:
Miotika wie Pilokarpin (ein Alkaloid) und Carbachol (Carbamylcholin, ein Cholinester) sind Parasympathomimetika, die seit Jahrzehnten bei Engwinkelglaukom angewendet werden, da sie den Abfluß des Kammerwas¬ sers durch Kontraktion der Pupille fördern. Echothiophtat (Phospholin- jodid, ein Phosphatester) und Physostigmin (Eserin) üben durch Hemmung der Acetylcholinesterase einen indirekten parasympathomimetischen Effekt aus.
Epinephrin (Adrenalin), dessen Vorläufersubstanzen (wie z.B. Dipive- frin, die im Auge zu Adrenalin metabolisiert werden) und Alpha2-Agoni- sten (z.B. Brominid) bewirken durch den adrenergen Effekt ebenfalls eine Förderung des Kammerwasserabflusses und damit eine Erniedrigung des Augeninnendruckes.
Betabiocker (z.B. Timolol, Levobunolol und Betaxolol) wirken durch eine Reduktion der Neubildung von Kammerwasser. Auch verschiedene zur Erniedrigung des Blutdruckes gegebenen oralen Betabiocker (Propanolol, Atenolol, Nadolol) bewirken dies.
Carboanhydrase-Inhibitoren (Dorzolamid) reduzieren ebenso die Neubil¬ dung von Kammerwasser.
Ophtalmisch formulierte Steroide (z.B. der selektive FP-Rezeptorago- nist Latanoprost) .
Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, daß die Schädigung des Sehnervs auch nach erfolgreicher Reduktion des Augeninnendruckes weitergeht. Es wird daher eine direkte Behandlung des Sehnervs angestrebt, um weite¬ ren Abbau geschädigter Neuronen zu verhindern.
Bei Myasthenia gravis und verwandten Syndromen, z.B. dem Eaton-Lambert Syndrom, werden derzeit drei unterschiedliche Arten medikamentöser Therapie durchgeführt:
Acetylcholinesterase-Inhibitoren (AChEI) forcieren die cholinerge neuromuskuläre Reizleitung und können schnelle symptomatische Verbes¬ serung erzielen. Pyridostigmin, ein kurz wirksamer AChEI, steht seit 1934 in Anwendung und wird derzeit immer noch als Therapie der ersten Wahl betrachtet. Distigmin und Tetrastigmin (im wesentlichen Dimere bzw. Tetramere des Pyridostigmins) und organische Phosphatester sind lang wirksam, aber wegen ihres oft unberechenbaren Wirkungsprofiles, kumulativer systemischer Effekte und muskarinerger Nebenwirkungen in Mißkredit geraten. Auch handelt es sich um AChEI mit schlechter Selek¬ tivität in Bezug auf Acetylcholinesterase im Vergleich zur Butyryl- cholinesterase.
Immunosuppressiva (z.B. Prednison, Azathioprin und Cyclosporin) sind indiziert, wenn die Symptome sich mit AChEI nicht adäquat kontrollie¬ ren lassen und diese ausgeprägt genug sind, um die Risiken der mit diesen Medikamenten verbundenen erheblichen Nebenwirkungen zu recht¬ fertigen.
Ablative Immuntherapie strebt eine kurzfristige Reduktion der gegen den Acetylcholinrezeptor bzw. Kalziumkanal gerichteten Autoantikörper durch Komplexierung und Neutralisierung an. Dies wird durch intravenö¬ se Verabreichung von Immunglobulin oder eines löslichen Peptides erzielt, das die von den Autoantikörpern erkannten Epitope nachahmt. Diese Verfahren werden meist durch häufigen Plasmaaustausch unter¬ stützt.
Die kausale Therapie der chronischen Kompressionstraumas ist chir¬ urgische Dekompression, die jedoch nicht immer erforderlich oder durchführbar ist und auch nicht immer die sofortige Behebung der Symptomatik zur Folge hat. In diesen Fällen werden Analgetika topisch verwendet oder instilliert. Mitunter finden auch Antiepileptika Ver¬ wendung, deren antikonvulsive Effekte auf der Verhinderung wiederhol¬ ter Entladung der Aktionspotentiale depolarisierter Nerven beruhen.
Die Säureadditionssalze von Galanthamin, das die chemische Struktur¬ formel
hat, sind seit vielen Jahren als pharmazeutische Wirkstoffe mit inhi¬ bitorischer Wirkung auf das synaptische Enzym Acetylcholinesterase bekannt. Galanthamin wird daher bei Lähmungserscheinungen im Gefolge von Poliomyelitis und bei verschiedenen Erkrankungen des Nervensystems pharmakologisch angewandt.
Galanthamin und einige seiner Derivate werden auch bei der symptomati¬ schen Behandlung der Alzheimer'sehen Krankheit und verwandter Demenz¬ zustände eingesetzt.
Galanthamin ist chemisch gesehen ein Alkaloid der Morphingruppe, das aus Schneeglöckchen (Galanthus woronowii, G. nivalis usw. ) und anderen Amaryllidaceen gewonnen werden kann.
Neben der Gewinnung von Galanthamin aus pflanzlichen Quellen sind in neuerer Zeit auch chemische Syntheseverfahren für Galanthamin und dessen Analoga einschließlich ihrer Säureadditionssalze vorgeschlagen worden, wobei auf die WO 95/27715 A (=US 5 428 159 A) und die als WO 96/12692 A veröffentlichte internationale Patentanmeldung PCT/AT 95/00208 verwiesen sei.
Die Verwendung von Galanthamin zum Herstellen eines Medikaments für die Behandlung der Alzheimer - Krankheit und verwandter Demenzen ist aus der EP 236 684 A bekannt.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Arzneimittel zur Ver¬ fügung zu stellen, mit dem die an Trisomie 21 und verwandten Syndromen leidende, insbesondere jugendliche, Patienten in ihrem Funktionsstatus verbessert werden können und mit dem die wirksame Behandlung des Glaukoms, der Myasthemia gravis sowie des Eaton-Lambert Syndroms und/ oder des Nervenkompressionstraumas möglich ist.
Erfindungsgemäß wird dies durch ein Galanthamin, oder ein Säureaddi¬ tionssalz desselben enthaltendes Arzneimittel erreicht.
Die Erfindung betrifft daher die Verwendung von Galanthamin oder eines pharmazeutisch annehmbaren Säureadditionssalzes hievon zum Herstellen eines Medikamentes für die Behandlung der Trisomie 21 und verwandter Syndrome, des Glaukoms, der Myasthemia gravis sowie verwandter Auto¬ immunkrankheiten und/oder des Nervenkompressionstraumas.
Durch Verabreichung von Galanthamin oder ein Säureadditionssalz des¬ selben enthaltenden Arzneimitteln werden Mongoloide wesentlich akti¬ viert. Die kognitive Leistung und Lernfähigkeit dieser Patienten steigt stark an, sodaß verbesserte Zugänglichkeit für Lerntherapie
usw. gegeben ist. Für den Patienten erhöhen sich somit die Chancen für eine verstärkte Integration in die Gesellschaft erheblich, da nicht nur die nötigen sozialen Aktivitäten deutlich besser beherrscht, sondern auch eine wesentlich bessere Informationsverarbeitung und Gedächtnisleistung erbracht werden.
Bisher ist man davon ausgegangen, daß bei intensiver Behandlung und Betreuung von an Trisomie 21 leidenden Patienten (Mongoloiden) ein beschränkter, zum Aufwand meist nicht direkt proportionaler Lernerfolg erzielt werden kann. Eine Behandlung des Down-Patienten mit einem erfindungsgemäß erzielten Galanthamin enthaltenden Arzneimittel kann jedoch den Lernerfolg ganz erheblich erhöhen.
Ambulante Versuche an adoleszenten Langdon-Down - Patienten, deren intellektuelles und soziales Entwicklungsalter in etwa dem eines Volksschülers entsprach, führten bei oraler Gabe von Galanthaminhydro- bromid bei unveränderter sonstiger Medikation und Behandlung zu signi¬ fikanten Verbesserungen in folgenden Bereichen: Alltagspraktische Fä¬ higkeiten (insbes. Eß- und Hygieneverhalten), kognitive Leistung, sowie Aufgeschlossenheit und Lenkbarkeit durch Eltern und Therapeuten.
Es war nicht vorherzusehen, daß durch Verabreichung eines Galanthamin enthaltenden Arzneimittels die Möglichkeiten und der Erfolg der Be¬ handlung mongoloider Patienten, insbesondere Jugendlicher so stark verbessert wird, daß eine bisher unvorstellbare Verbesserung der Gehirnleistung dieser Menschen erzielt wird.
Die kurz wirksamen Inhibitoren der Acetylcholinesterase, Physostigmin und Neostigmin, werden allein und in Kombination mit Pilokarpin zur topischen Behandlung des Glaukoms verwendet. Wegen ihrer ungünstigen pharmakologischen Eigenschaften müssen diese jedoch zur Erzielung eines einigermaßen konstanten intraokulären Wirkstoffspiegeis mehrmals am Tag in den Tränensack appliziert werden, was jedesmal mit einer akuten Reizung des Auges und Beeinträchtigung des Sehvermögens ein¬ hergeht. Zudem handelt es sich hierbei um unspezifische Inhibitoren, die kein gutes Differenzierungsvermögen zwischen Acetyl- und Butyryl- cholinesterase aufweisen. Das Nebenwirkungspotential der gleichzeiti¬ gen Hemmung der Butyrycholinesterase ist derzeit nicht bekannt.
Andererseits sind die lang wirksamen Miotika pharmakologisch gesehen durchwegs irreversible und ebenfalls nicht selektive Inhibitoren der Cholinesterasen, was die Kontrolle ihrer Wirkung erschwert. Zudem wirken sie denaturierend auf das Protein der Augenlinse und können daher als wesentlichste Nebenwirkung Trübungen (Katarakte) bewirken. Die permanente Verengung der Pupille kompliziert eine dadurch etwa notwendig werdende Entfernung der Linse, da der Pupillenmuskel dabei häufig einreißt. Die Anwendung von Echothiophtat, Isofluorophat und anderen alkylierten Miotika wird daher erst nach bereits erfolgter Kataraktoperation empfohlen.
Galanthamin kombiniert die völlige Reversibilität der Inhibitorwirkung mit einer Halbwertszeit, die eine Größenordnung über derjenigen von Physostigmin und Neostigmin liegt. Seine Wirkung kann bei Bedarf jederzeit und vollständig durch Parasympatholytika, wie etwa Atropin, aufgehoben werden. Die Selektivität des Galanthamins für Acetylcholi¬ nesterase ist ebenfalls fast um eine Zehnerpotenz höher als für Physo¬ stigmin, wodurch sich ein verringertes Nebenwirkungspotential ergibt. Ophtalmische Formulierungen können in Form von Tropfen für zweimal tägliche Anwendung, oder als Emulsion für die Applikation einmal pro Tag erstellt werden, ebenso wie ein im Tränensack zu tragender Mem¬ branbeutel den Wirkstoff über mehrere Tage verteilt freisetzen kann.
Pilotstudien haben ergeben, daß Galanthamin HBr bei allen Formen des Glaukoms mit erhöhtem Augeninnendruck dessen Reduktion des um 5-50 mm Hg bewirken kann, wenn zweimal pro Tag 1-2 Tropfen einer 0,5-l,0%igen ophtalmischen Lösung in den Tränensack eingebracht werden. Diese Dosen beeinflussen den Innendruck des gesunden Auges nicht, sodaß vorbeugen¬ de Behandlung möglich ist. Bei akutem Winkelblockglaukom kann die geschilderte Verabreichung in Stundenintervallen bis zum Abklingen des Schmerzes erfolgen, sodaß das Auge nach Senkung des Innendruckes auf höchstens 25 mm Hg der chirurgischen Intervention zugänglich ist. Vorläufige Daten weisen darauf hin, daß Dauertherapie des mittelgradi- gen chronischen Glaukoms mit Galanthamin durch einen noch nicht ge¬ klärten Mechanismus eine Verzögerung der weiteren Schädigung des Nervus Opticus oder sogar die Reaktivierung einzelner seiner Neuronen bewirken kann.
Galanthamin kann bei Glaukom mit erhöhtem Augeninnendruck vorteilhaft verwendet werden, und übt einen protektiven bzw. regenerativen Effekt auf den Sehnerv aus.
Im Unterschied zu den oben beschriebenen AChEI verfügt Galanthamin über ausgezeichnete pharmakologische Eigenschaften. Nach oraler Ein¬ nahme als Tablette oder Lösung wird es schnell und vollständig über den Gastrointestinaltrakt resorbiert, und erreicht wegen seines hohen Distributionsvolumens die gesamte Skelettmuskulatur in ausreichender Konzentration. Es verbindet die gute Aufnahme und die Reversibilität der AChEI-Wirkung von Pyridostigmin und Neostigmin mit der verlänger¬ ter Wirksamkeit der alkylierten Pyridostigmin-Oligomere, vermeidet aber deren kumulative Effekte.
Pilotstudien haben gezeigt, daß 10-30 mg Galanthamin HBr pro Tag, oral als Tablette oder Trinklösung über einige Monate gegeben, leichte bis mittelschwere Myasthenia gravis vorteilhaft im Sinne einer symptomati¬ schen Erleichterung beeinflußt. Es wurden Hinweise darauf gewonnen, daß bei rein okulären Manifestationen dieser Effekt bereits durch topische Anwendung am Auge (in ähnlicher Weise wie beim Glaukom) bewirkt werden kann.
Galanthamin eignet sich, allein und in Kombination mit Immuntherapie, zur symptomatischen Behandlung von Myasthenia gravis sowie des Eaton- Lambert Syndroms.
Obwohl die analgetische Wirkung des Galanthamins zu gering ist um von therapeutischer Signifikanz zu sein, kann es bei lokaler oder systemi¬ scher Anwendung zur Wiederherstellung der normalen Reizleitung bei leichtem oder mittelschwerem Kompressiontrauma beitragen, vor allem bei Trigeminusneuralgie und Facialisparese sowie bei Zuständen nach Entfernung medullärer Tumore. Dies mag auf den inhibitorischen Effekt des Galanthamins auf die synaptische Acetylcholinesterase, oder aber auf einen anderen, noch nicht näher charakterisierten Mechanismus zurückzuführen sein.
In Pilotstudien hat sich die über bis zu 50 Tagen erstreckende lokale Infiltration oder subkutane Injektion von 1-5 mg Galanthamin HBr pro
Tag, mit oder ohne unterstützender oraler Gabe von 10-30 mg derselben Substanz pro Tag, als wirkungsvoll erwiesen. Ein derartiger Behand¬ lungszyklus kann bei Bedarf nach einer Pause von 30-50 Tagen wieder¬ holt werden.
Galanthamin eignet sich zur Behandlung des Nervenkompressionstraumas, und unterstützt die Wiederherstellung der normalen Nervenfunktion nach chirurgischer Dekompression.
Galanthamin oder ein Säureadditionssalz desselben kann in jeder ge¬ eigneten chemischen oder physikalischen Form verabreicht werden.
Beispielsweise kann es als das Hydrobromid, Hydrochlorid, Methylsulfat oder Methiodid verabreicht werden.
Galanthamin oder seine pharmazeutisch annehmbaren Säureadditionssalze können Patienten oral oder durch subkutane oder intravenöse Injektion oder intracerebroventrikulär mittels eines implantierten Behälters verabreicht werden.
Es kann notwendig sein, mit niedrigeren Dosen zu beginnen, als sie letztlich wirksam sind.
Typische Dosierungsraten bei Verabreichung von Galanthamin bzw. dessen Säureadditionssalzen hängen von der Natur der verwendeten Verbindung und vom Zustand des Patienten ab. So liegen zur Behandlung mit Galant¬ hamin selbst oder mit Galanthaminhydrobromid typische Dosierungsraten im Bereich von 0,2 bis 1,0 mg pro Tag und Kilogramm Körpermasse in Abhängigkeit vom Alter, physischem Zustand und sonstiger Medikation des Patienten.
Die folgenden spezifischen Formulierungen können bei der Behandlung von Trisomie 21 Anwendung finden:
Tabletten oder Kapseln enthaltend 5 oder 10 mg Galanthamin Parenterale Lösung enthaltend 1 mg/ml Galanthamin.
Flüssige Formulierung zur oralen Verabreichung, in einer Konzentration
von 1 oder 5 mg/ml Galanthamin/ml.
Die folgenden spezifischen Formulierungen können bei der Behandlung des Glaukoms Anwendung finden:
Ophtalmische wäßrige Lösung, 0,5% bzw. 1,0%
Ophtalmische Emulsion
Beutel oder vergleichbares Hilfsmittel mit semipermeabler Membran zur verzögerten Wirkstoffreigäbe, zum Einsetzen in den Tränensack
Die folgenden spezifischen Formulierungen können bei der Behandlung des Myasthenia gravis und des Eaton-Lambert Syndroms Anwendung finden:
Filmtablette, 5mg und 10mg Trinklösung, 1 mg/ml Parenterale Lösung, 1 mg/ml Opthalmische Lösung, 0,5% und 1,0%
Die folgenden spezifischen Formulierungen können bei der Behandlung des Nervenkompressionstraumas Anwendung finden:
Filmtablette, 5mg und 10mg Trinklösung, 1 mg/ml Parenterale Lösung, 1 mg/ml