Adsorbermaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung
Beschreibung
Die Erfindung betrifft Addukte, die aus nachwachsenden Rohstoffen erhältlich sind, ein Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung.
Nachwachsende Rohstoffe, deren daraus hergestellte Produkte und deren bei ihrer Verarbeitung und direkten Verwendung anfallende Reststoffe — nachfolgend zusammenfassend als nachwachsende Rohstoffe bezeichnet — besitzen als Ausgangsmaterialien für die Herstellung von Wertstoffen ein großes und weitgehend ungenutztes wirtschaftliches Potential.
In den letzten Jahren und auch weiterhin wurden und werden jedoch Versuche unternommen, Roh- und Rest- Stoffe aus der Land-, Forst- und Fischwirtschaft sowie Papier-, Nahrungsmittelindustrie und ebenso auch die riesigen Mengen an Biomasse von Moosen, Algen, Pilzen oder Bakterien in Wertstoffe zu verwandeln.
Eine Möglichkeit zur Herstellung von Wertstoffen aus diesen nachwachsenden Rohstoffen besteht in ihrer Umwandlung in Adsorbermaterialien. Eine Vielzahl von Adsorbermaterialien ist bekannt und wird technisch in großem Umfang in verschiedenen Berei-
chen verwendet. Überwiegend werden diese Adsorber, sofern sie nicht aus anorganischem Material bestehen, was jedoch weniger üblich ist, aus fossilen, nur in begrenzter Menge zur Verfügung stehenden Rohstoffen wie Erdöl, Kohle hergestellt.
Nachwachsende Rohstoffe bieten prinzipiell aber ebenfalls die Möglichkeit zur Entwicklung von Adsorbermaterialien. Adsorptionseigenschaften von nachwachsenden Rohstoffen, z.B. gegenüber Schwerme- tallen, sind bekannt, doch reichen diese Bindungseigenschaften unmodifizierter nachwachsender Rohstoffe für eine technische Anwendung in den meisten Fällen nicht aus.
Durch eine nachträgliche chemische Modifizierung sollte jedoch das Bindungsvermögen von nachwachsenden Rohstoffen gegenüber unterschiedlichsten Substanzen verbessert werden können. In der Vergangenheit wurde versucht, dieses Problem mit unterschiedlichen technischen Vorgehensweisen zu lösen.
So wurden beispielsweise aus landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen nachwachsenden Roh- und Reststoffen wie Stroh oder Sägespänen durch nachträglichen Einbau kationenbindender, funktioneller Gruppen effektive Kationenaustauschmaterialien mit guten Bindungseigenschaften für Schwermetalle hergestellt (z.B. in DE 42 39 749, DE 1 97 18 452, DE 1 97 53 196) . Andererseits wurden aus popcorn- ähnlichen Formkörpern von Getreidekörnern auch schon Bindemittel für Mineralöle entwickelt (DE 42 03 928) .
Mit der Herstellung von Kationenaustauschern und hydrophoben Adsorbern ist das Potential der Gewinnung von Adsorbermaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Für eine Vielzahl von Schadstoffen, wie z.B. für anionisch als Oxokomplexe vorliegende Schwermetalle (Oxokomplexe des Chroms, Molybdäns, Antimons, Arsens oder Selens) oder für toxische Gase und lösliche organische . Verbindungen oder medizinisch rele- vante' Endotoxine stehen noch keine geeigneten Ad- sorber auf der Basis nachwachsender Roh- und Reststoffe zur Verfügung.
Verbindungen mit den geforderten vielfältigen Bindungseigenschaften sind jedoch Polyamine wie die Polyalkylenimine oder Polyalkylenpolyamine . Sie gehen unter milden Reaktionsbedingungen Verbindungen mit Kationen, z.B. mit Schwermetallen, verschiedenen organischen Verbindungen, vorzugsweise solchen mit sauren und mit nach nucleophilen Reaktionsme- chanismen leicht austauschbaren Gruppen, sauren Gasen, verschiedenen Aldehyden und mit bemerkenswerter Selektivität mit medizinisch relevanten Endoto- xinen beispielsweise Lipopolysacchariden aus Pseu- domonas aeruginosa oder phosphorylierten Lipiden aus Escherichia coli ein.
Hauptnachteil der Polyamine ist jedoch, dass sie in der Regel in für technische Adsorptionsprozesse wenig geeigneter flüssiger Form vorliegen.
Man hat deshalb gemäß US Patent 5,194,279 in den Poren von Kieselgel rein physikalisch fixiertes Po- lyethylenimin zur Immobilisierung von Enzymen ein-
gesetzt. Organische Trägermaterialien, die mit Po- lyethylenimin modifiziert sind, sind für unterschiedliche Zwecke wie etwa zur Immobilisierung von Enzymen, anderen biologischen Materialien (US- Patent 4,525,456), Abtrennung von Gasen und Bindung von Schwermetallen und organischen Stoffen wie Zuckermolekülen etc. eingesetzt worden (US-Patente 5,807,636, 5,245,024, 4,659,590, 4,892,719, 3,659,400, JP 02251251, JP 63305904, DE 36 09 021, EP 186 528, CS 252229.
Die vorstehend genannten Anwendungsvarianten in Form von an anorganische, organische oder bioorganische Trägermaterialien kovalent oder adsorptiv gebundenen Polyalkyleniminen und Polyalkylenpolya- minen werden jedoch in der Praxis de facto nicht eingesetzt , da die dazu verwendeten Trägermaterialien zur Immobilisierung der Polyamine zu teuer sind oder die Bindungen der Polyamine an diesen Im- mobilisaten technischen Anforderungen in Bezug auf die Stabilität nicht genügen und/oder für die kova- lente Bindung der Polyamine zu teure und toxische Chemikalien verwendet werden müssen.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, verbesserte Ad- sorber bereitzustellen, die unter Anderem die vor- stehend genannten Probleme, insbesondere in Bezug auf die Praktikabilität unter Berücksichtigung von Umwelt- und Kostengesichtspunkten lösen.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass Addukte, erhältlich mittels eines Verfahrens, umfassend den Schritt, dass ein durch Einführung von Carbonsäure-, Sulfonsäure- , Phosphat- und/oder
Phosphonsäuregruppen modifizierter nachwachsender Rohstoff, der mit einem Polyamin, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Polyalkylenpolyaminen und Polyalkyleniminen, umgesetzt wird, bereitgestellt werden.
Unter dem Begriff Addukt werden nachfolgend die Produkte einer Reaktion verstanden, bei der die zunächst miteinander reagierenden Stoffe adsorptiv oder ionisch, das heißt durch überwiegend schwäche- re, nicht kovalente Bindungen, aneinander gebunden werden.
Unter dem Begriff nachwachsende Rohstoffe werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung bevorzugterweise in wässrigen Systemen und/oder organischen Lösungs- mittein und/oder Gemischen beider unlösliche, aber auch unlöslich gemachte Materialien biologischer Herkunft oder kationenaustauschgruppenhaltige Modifizierungsprodukte derselben verstanden.
Derartige bevorzugt verwendete Materialien biologi- scher Herkunft sind etwa die Biomassen von Moosen, Algen, Pilzen und/oder Bakterien.
Weitere derartige bevorzugt im Rahmen der Erfindung verwendete Materialien biologischer Herkunft werden ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Kohlen- hydrate, insbesondere Cellulose- und/oder Lignocel- lulose enthaltenden Roh- und Reststoffen der Land-, Forst-, Fischwirtschaft, Papier-, Nahrungsmittelindustrie.
Noch weitere derartige bevorzugt im Rahmen der Er- findung verwendete Materialien biologischer Her-
kunft werden ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Holzresten, Rindenresten, Sägemehl, Sägespänen, Stroh aller Getreidearten, Stroh aller Faserpflanzen, Maisspindeln, Rübenschnitzeln, Getreidekleie, Papierbrei und Krabbenschalen.
Die nachwachsenden Rohstoffe im Sinne der Erfindung werden gegebenenfalls auch erst durch Umsetzung beziehungsweise Modifizierung gewonnen. Erfindungsgemäße modifizierte nachwachsende Rohstoffe sind durch Einführung von Carbonsäure-, Sulfonsäure- , Phosphat- und/oder Phosphonsäuregruppen modifiziert .
Alle bisher genannten, im Sinne der Erfindung modifizierten nachwachsenden Rohstoffe, aber auch aus diesen Rohstoffen und anderen Materialien biologischer Herkunft isolierten und gereinigten und — wie vorstehend beschrieben — chemisch mit Carbonsäure-, Sulfonsäure-, Phosphat- und/oder Phosphonsäuregruppen funktionalisierten Modifizierungsprodukte von etwa mikrokristalliner oder faserförmiger Cellulose, Stärke, Xylanen, Agarose, Dextranen, Ligninen, Huminsäuren, Chitin, Chitosan und Co-Makromolekülen dieser Biomakromoleküle untereinander (sogenannte Verbundwerkstoffe dieser Biomakromoleküle) werden unter den Begriff der nachwachsenden Rohstoffe im Rahmen der vorliegenden Erfindung subsumiert und können zur Herstellung der erfindungsgemäßen Addukte bevorzugt verwendet werden.
Aus den vorstehend genannten nachwachsenden Roh- Stoffen werden erfindungsgemäß in Bezug auf ihre
Eigenschaften besonders günstige Addukte erhält-
lieh, wenn das Polyalkylenpolyamin, mit dem die nachwachsenden Rohstoffe umgesetzt werden können, ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus H2N- (CH2)n-NH2 (2 < n < 12) , Diethylentriamin, Tri- ethylentetramin, Tetraethylenpentamin, Pentaethy- lenhexamin, N,N-Diethyldiethylentriamin, Bis- (dime- thylamino) -methan bis Bis- (dimethylamino) exan [das heißt die Reihe der Alkylreste wird aufsteigend vom Methylrest bis zum Hexylrest, die Isomeren einge- schlössen, durchlaufen] .
Gemäß einer anderen Ausführungsform der Erfindung werden die erfindungsgemäßen Addukte dadurch erhältlich, dass als Polyamin Polyalkylenimine, darunter bevorzugt Polyethylenimin mit Molekularge- wichten zwischen 1000 und 100000, mit den nachwachsenden Rohstoffen reagieren gelassen wird.
Bei allen vorstehend erwähnten Ausführungsformen der Erfindung wird die Reaktion des Polyamins mit den nachwachsenden Rohstoffen so geführt, dass die Umsetzung mit den Polyaminen 5 Minuten bis 10 Stunden, bevorzugt 2 bis 5 Stunden dauert.
Die Reaktion erfolgt in wässrigen Lösungen oder wird in organischen Lösungsmitteln, beispielsweise in mit Wasser unbegrenzt mischbaren Alkoholen, Ke- tonen oder cyclischen Ethern oder deren Mischungen, Mischungen von wässrigen und organischen Lösungsmitteln eingeschlossen, durchgeführt. Wegen der guten Lδslichkeit der Polyamine in Wasser werden wässrige Lösungen bevorzugt.
Die Reaktionstemperatur bei der Umsetzung liegt im Bereich von 0 °C bis zum Zersetzungspunkt der Rohstoffe, bevorzugt zwischen 20 °C und 100 °C, am vorteilhaftesten bei der Umgebungstemperatur.
In der Regel werden unter den genannten Bedingungen schon für viele Anwendungsfälle ausreichend stabile, mit Polyaminen modifizierte, neue Adsorbermaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. Solche stabilen, aber nicht vernetzten Adsorberma- terialien werden insbesondere durch Behandlung von mit Ionenaustauschergruppen zur Kationenbindung funktionalisierten Modifizierungsprodukten der nachwachsenden Rohstoffe und Polyaminen gebildet.
Die so genannten Kationenaustauscher auf der Basis nachwachsender Rohstoffe enthalten erfindungsgemäß Carbonsäuregruppen, besonders geeignet für eine An- bindung der Polyamine sind aber in nachwachsende Rohstoffe zusätzlich und nachträglich eingeführte Sulfonsäure- Phosphat- und/oder Phosphonsäuregrup- pen. Diese Adsorbermaterialien eignen sich für alle Anwendungsfälle, bei denen während der Anwendung keine erheblichen Änderungen der Ionenstärke oder der pH-Werte in den Anwendungslösungen eintreten bzw. bei den Anwendungsverfahren erforderlich sind.
Für eine Reihe anderer Anwendungsfälle für die erfindungsgemäßen Addukte, besonders aber für die aus unmodifizierten nachwachsenden Rohstoffen gewonnenen, ist aber eine stabilere Verbindung zwischen nachwachsendem Rohstoff und Polyamin bevorzugt . Zur Verbesserung der chemischen und mechanischen Stabilität der durch hydrophobe oder ionische Wechsel-
Wirkungen entstandenen Addukte aus nachwachsenden Rohstoffen und Polyaminen werden die oberflächlich gebundenen Polyamine nachträglich chemisch kovalent vernetzt . Als Vernetzungsmittel besonders geeignet sind Vernetzungsmittel, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Formaldehyd, Glutaraldehyd, 1, 4-Butandiol-bis-epoxypropylether, Ethylenglykol- bis-epoxypropylether, Bis-epoxypropylether, Epi- chlorhydrin, Cyanurchlorid, Dihalogenalkane, insbe- sondere Ci- bis C2o-Dihalogenalkane, etwa 1, 2-Dibromethan, Dihalogenalkanole — besonders bevorzugt Cι_ bis C2o-Dihalogenalkanole —, etwa 1, 3-Dibrom-2-propanol, Diisocyanate, insbesondere Hexamethylen-diisocyanat , Toluol-2, 4-diisocyanat , Chinone, insbesondere Benzochinon, Naphthochinon, Dicarbonsäuredihalogenide, insbesondere Oxalylchlo- rid, Terephthaloylchlorid.
Die chemischen Vernetzungsreaktionen können sowohl in wässrigen Lösungen als auch in organischen Lö- sungsmitteln durchgeführt werden.
Vernetzungsmittel wie die wasserlöslichen Aldehyde, das Epichlorhydrin, die Dihalogenalkanole werden vorteilhafterweise in wässrigen Lösungen bei Temperaturen von 0 °C bis 100 °C, vorzugsweise bei Umge- bungstemperatur eingesetzt. Die in wässrigen Lösungen nicht löslichen bzw. chemisch nicht stabilen Vernetzungsmittel werden in organischen Lösungsmitteln angewendet, bevorzugt in mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln wie den Alkoholen Methanol, Ethanol, Isopropanol, dem Keton Aceton oder den cyclischen
Ethern Tetrahydrofuran oder Dioxan. Für die Umsetzungen der Vernetzungsmittel in mit Wasser nicht
mischbaren organischen Lösungsmitteln müssen die Addukte und die aus ihnen herstellbaren Adsorber vor der Vernetzung durch Waschen mit wasserlöslichen organischen Lösungsmitteln und danach mit in Wasser unlöslichen organischen Lösungsmitteln (z.B. Toluol) konditioniert werden. Für die Reaktionsbedingungen der Umsetzungen in organischen Lösungsmittel gelten für die bevorzugten Ausführungsformen die gleichen Bedingungen wie die, die vorstehend bereits bei den Vernetzungsreaktionen in wässrigen Lösungen beschrieben wurden (i.e. Zeitdauer, Temperatur) .
Die mit chemischen Methoden auf den Oberflächen der nachwachsenden Rohstoffe vernetzten Polyamine haf- ten fest und stabil und sind weder durch saure oder basische Lösungen noch durch organische Lösungsmittel ablösbar.
Überraschend wurde nun aber zusätzlich noch festgestellt, dass die Produkte aus nachwachsenden Roh- Stoffen und den erfindungsgemäß eingesetzten Poly- alkyleniminen durch thermische Behandlung vernetzt und stabilisiert werden können.
Zu diesem Zweck werden die mit den Polyalkylenimi- nen beladenen nachwachsenden Rohstoffe 15 Minuten bis 12 Stunden, bevorzugt 2 bis 5 Stunden Temperaturen von 30 °C bis 150 °C, insbesondere 50 °C bis 100 °C ausgesetzt.
Für besonders bevorzugte Ausführungsformen dieser
Verfahrensführung (Wahl der nachwachsenden Rohstof- fe, Wahl der Polyamine etc.) gilt im Übrigen auch
das bereits im Zusammenhang mit der vorstehend beschriebenen Ausführungsform auf rein adsorptiver Basis Bemerkte.
Die durch thermische Behandlung auf der Oberfläche der nachwachsenden Rohstoffe vernetzten Polyalky- lenimine sind unter keinen Bedingungen entfernbar.
Die erfindungsgemäß bereitgestellten Addukte und die auf deren Basis zur Verfügung gestellten Adsorbermaterialien besitzen ein breites Anwendungs- spektrum. Sie können als Ionenaustauscher Schwermetalle sowohl in ihrer kationischen als auch anionischen Form mit großen Anwendungsmöglichkeiten besonders im Umweltbereich binden. Die Bindung der Schwermetalle wird vorzugsweise im pH-Bereich > 3 durchgeführt und die Elution der Schwermetalle erfolgt mit verdünnten Säuren.
In der Technik angewandte Aldehyde, besonders der Formaldehyd, werden sowohl aus der Gasphase als auch aus der flüssigen Phase entfernt. Die Aldehyde können aus wässrigen Phasen und aus organischen Lösungsmitteln eliminiert werden. Diese Eliminie- rungsreaktionen sind in allen Temperaturbereichen bis zur Zersetzungstemperatur der Adsorbermaterialien möglich, besonders schon bei Umgebungstempera- tur.
Säuren und besonders saure Gase wie HF, HCl , HBr, HJ, C02, H2S , die Schwefeloxide S02 und S03 sowie die Stickoxide NO , N02 , N203 und N205 , werden durch die erfindungsgemäßen Adsorbermaterialien gebunden und
können damit der Umgebungsluft und Abwässern entzogen werden.
Aber auch organische Stoffe können mit den erfindungsgemäßen Adsorbermaterialien aus Abwässern, z.B. Deponiesickerwässern, entfernt werden, was durch die Erniedrigung des chemischen Sauerstoffbedarfs (ein Maß für die Belastung von Abwässern mit organischen Stoffen) und durch Erhöhung des pH-Wertes der Abwässer angezeigt wird. Zum Zwecke der Entfernung von organischen Schadstoffen aus Abwässern brauchen die erfindungsgemäßen Adsorbermaterialien nur mit den Abwässern bei pH-Werten zwischen 1 und 7 in Kontakt gebracht zu werden, und zwar entweder im Batch- oder Säulenverfahren . Dabei werden saure Schadstoffe, vorwiegend die Huminsäu- ren, an den Adsorbermaterialien gebunden.
Die erfindungsgemäß bereitgestellten Addukte beziehungsweise die daraus gebildeten Adsorbermaterialien, herstellbar nach den beschriebenen Verfahren, besitzen vielfältige Vorteile gegenüber den Adsorbermaterialien gemäß dem Stand der Technik. Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, die in riesigen Mengen weltweit zur Verfügung stehen. Dadurch werden die nur in begrenztem Umfang zugänglichen natürlichen Ressourcen, das heißt Erdöl und Kohle geschont . Die Adsorbermaterialien sind einfach herstellbar und können nach Gebrauch problemlos durch Kompostierung oder Verbrennung bei niedrigen Temperaturen ohne Rußbildung entsorgt werden. Da sie aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, ist die Kohlendioxidbilanz bei diesen Entsorgungsverfahren auch nahezu neutral, was
bei den Adsorbern auf Erdöl- oder Kohlebasis nicht zutrifft .
Die mit den Polyaminen beladenen Oberflächen können einfach vernetzt werden, um die Stabilität der auf- gebrachten Polyamine weiter zu verbessern, wobei die vorstehend beschriebene thermische Vernetzung besonders vorteilhaft ist, da sie einfach durchführbar ist und keine zusätzlichen Chemikalien und Lösungsmittel erfordert. Die mit den Polyaminen be- ladenen Oberflächen der nachwachsenden Rohstoffe besitzen primäre, sekundäre, tertiäre und nach entsprechender Behandlung quartäre Aminogruppen, was zum Einen ihre besonderen und vielfältigen Bindungseigenschaften erklärt, zum Anderen aber auch weitere Modifizierungen für die Herstellung von Produkten mit neuen Bindungseigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten zulässt.
Besonders vorteilhaft sind daher die weitreichenden Einsatzmöglichkeiten der erfindungsgemäßen Adsor- bermaterialien, die herkömmliche und am Markt befindliche in der Regel nicht besitzen. Beispielsweise können sie als Kationenaustauscher eingesetzt werden und die gleichen Adsorbermaterialien unter veränderten pH-Bedingungen - was besonders überra- sehend ist - auch als Anionenaustauscher. Damit stehen neue Adsorbermaterialien für die Schwerme- talleliminierung aus der Umwelt zur Verfügung, die sowohl die kationisch vorliegenden als auch die anionisch als Oxokomplexe vorliegenden Schwermetalle aus der Umwelt binden. Dadurch und auch wegen der Möglichkeiten der leichten Entsorgung verbrauchter Adsorber vereinfachen und verbilligen sich die Ver-
fahren der Schwermetalleliminierung aus der Umwelt wesentlich.
Besondere Einsatzmöglichkeiten für die erfindungsgemäßen Adsorber ergeben sich auch auf Grund ihrer Ionenaustauschereigenschaften in der Biotechnologie zur Isolierung von biologischen Wirkstoffen und in der Medizin zur Eliminierung von Endotoxinen aus dem Blut .
Auf Grund der Beladung der Oberflächen der nach- wachsenden Rohstoffe mit basischen Gruppen können Verbindungen aller Art mit sauren Eigenschaften wie Säuren und saure Gase gebunden und danach leicht wieder von den Adsorbern entfernt werden. Da die basischen Gruppen der erfindungsgemäßen Adsorberma- terialien zum Teil auch primäre Aminogruppen sind, eignen sich die Adsorber aber auch zur Bindung von Aldehyden. Dies hat erhebliche Bedeutung im Umwelt- schutzbereich als preiswerte Alternative zum Beispiel bei der Entsorgung von Formaldehyd oder von anderen technisch genutzten toxischen Aldehyden.
Weitere günstige und billige Anwendungsmδglichkei- ten der erfindungsgemäßen Adsorbermaterialien im Umweltschutz ergeben sich daraus, dass auf einfache Weise der chemische Sauerstoffbedarf als ein Maß für die Verschmutzung von Abwässern gesenkt werden kann, indem organische Schadstoffe in Abwässern (z.B. die Huminsäuren) an den erfindungsgemäßen Adsorbermaterialien gebunden und gleichzeitig die pH- Werte der Abwässer erhöht werden, ohne dass die Salzfracht der Abwässer, wie es bei Neutralisati-
onsreaktionen mit Basen leider unumgänglich ist, dadurch angehoben würde .
Die Entsorgung von Adsorbermaterialien auf der Basis von anorganischen oder organischen Trägermate- rialien stellt nach ihrem Verbrauch ein schwieriges Problem dar. Adsorber aus anorganischem Material sind nur in Endlagern zu entsorgen, können also nicht aus der Weit geschafft werden. Solche Adsorbermaterialien aus organischem Material, z.B. die überwiegend verwendeten Adsorbermaterialien auf Aromatenbasis, können zwar verbrannt werden, allerdings ist dabei ein sehr großer Aufwand wegen der dabei auftretenden Rußbildung erforderlich. Für die erfindungsgemäßen Adsorbermaterialien auf der Basis der nachwachsenden Rohstoffe stellt die Verbrennung kein Problem dar. Sie kann bei niedrigen Temperaturen ohne Rußbildung durchgeführt werden, in den meisten Fällen kann sogar eine Kompostierung erfolgen. Dies bedeutet, dass ohne Energieverbrauch ent- sorgt werden kann.
Erfindungsgemäß ist es also möglich bislang so gut wie nicht als Adsorbermaterialien genutzte nachwachsende Rohstoffe in neue Wertstoffe mit einem breiten Adsorptionspotential zu überführen und da- mit neue Anwendungsmöglichkeiten für diese in großen Mengen zur Verfügung stehende billige und natürliche Ressource zu eröffnen.
Auf Grund der ungewöhnlich vielfältigen Bindungseigenschaften der erfindungsgemäßen Adsorbermateria- lien existieren auch viele Anwendungsgebiete in den
Biowissenschaften und der Medizin sowie in den Ge-
bieten wie der Chemie, Biotechnologie und vor allem auch im Umweltschutz und im Kerntechnikbereich.
Die Erfindung wird nachfolgend durch Beispiele erläutert, die jedoch nicht beschränkend zu interpre- tieren sind.
Beispiel 1
100 g phosphorylierter Maisspindelgries wurden mit destilliertem Wasser gewaschen, bis das Eluat farblos war. Zum braunen Maisspindelgries wurden 200 ml einer 15%igen Lösung von Polyethylenimin mit einem Molekulargewicht von 20000 in destilliertem Wasser addiert und die Suspension wurde 2 Stunden bei Zimmertemperatur gerührt. Danach wurde der modifizierte Maisspindelgries abfiltriert und mit destillier- tem Wasser gewaschen, bis das Eluat frei von Polyethylenimin war (Test mit Trinitrobenzolsulfonsäu- re) . Danach wurde der erhaltene Adsorber mit Ethanol gewaschen, bei Zimmertemperatur getrocknet und 5 Stunden bei 90 °C gehalten. Danach ist das Poly- ethylenimin weder durch Änderung der Ionenstärke noch durch Säuren vom Adsorber abzuwaschen und der Adsorber ist für die Eliminierung von Schwermetallen aus wässrigen Lösungen geeignet . Pro Gramm Adsorber werden zum Beispiel 0,95 mmol Kupfer, 1,12 mmol Blei, 1,05 mmol Cadmium, 0,80 mmol Chromat und 0,90 mmol Molybdat gebunden.
Beispiel 2
100 g phosphorylierte Weizenkleie wurden, wie im Beispiel 1 beschrieben, zunächst mit Polyethylen- imin mit einem Molekulargewicht von 50000 bis
100000 beladen. Zu dieser modifizierten Weizenkleie wurden 100 ml einer 2%igen Glutaraldehydlösung addiert und die Suspension wurde 2 Stunden bei Zimmertemperatur gerührt. Der Adsorber wurde abfilt- riert, mit destilliertem Wasser und Ethanol gewaschen und bei 50 °C getrocknet. Der Adsorber eignete sich ebenfalls für die Schwermetalleliminierung aus wässrigen Lösungen. Bei 10 Versuchen der Eliminierung von Kupfer aus einer 1 mmol/1 Lösung von Kupfersulfat mit 1 g Adsorber wurden mit dem gleichen Adsorber nach seiner Regenerierung mit verdünnten Säuren Kupfermengen im Bereich von 0,75 bis 0,80 mmol eliminiert.
Beispiel 3
Aus 100 g langfaseriger, phosphorylierter Cellulose und 100 ml einer 10%igen Lösung von Polyethylenimin mit einem Molekulargewicht von etwa 2000 wurde ein dicker Brei hergestellt. In diesen Brei wurden 50 g grobkörniges Kochsalz eingerührt. Dieser Brei wurde in eine Säule von 50 cm Höhe und 3 cm Durchmesser, die am unteren Ende mit einer porösen Glasfritte und einem Schlauchanschluss abgeschlossen war, in einer Höhe von 3 cm eingefüllt . Auf den Brei wurde eine runde, poröse Glasfritte vom Säulendurchmesser aufgelegt und darauf wurden wieder 3cm des Gemisches aus langfaseriger, phosphorylierter Cellulose, Polyethylenimin und Kochsalz in Wasser gegeben. Diese Schichtung wurde noch zehnmal wiederholt und es erfolgte ein Glasfrittenabschluss mit darauf ge- schichteter Glaswolle. Die Säule wurde in einen Trockenschrank gestellt und das Adsorbergemisch wurde zunächst bei 40 °C getrocknet und danach
3 Stunden bei 90 °C gehalten. Danach wurde die Säule mit destilliertem Wasser gefüllt, oben verschlossen und oben an einen Behälter mit destilliertem Wasser angeschlossen. Der Säulenauslauf wurde geöffnet und destilliertes Wasser durch die Säule laufen gelassen. Dabei wurden die runden Ad- sorberscheiben feucht, quollen auf und das Natriumchlorid wurde aus den Scheiben herausgelöst . Am Ende des Waschprozesses ließ man das Wasser vollstän- dig aus der Säule ablaufen, beließ sie aber im feuchten Zustand. Vor dem weiteren Gebrauch wurde die Säule im Kühlschrank gelagert.
Zur Bindung von Formaldehyd wurde die Säule mit Ad- sorbermaterial über eine Schlauchverbindung und ei- ne Glaskapillare an einen Dreihalskolben angeschlossen, der mit 100 g Paraformaldehyd befüllt wurde . Über eine zweite Öffnung des Dreihalskolbens wurde Luft in den Dreihalskolben gedrückt und durch Erwärmen auf 80 °C wurde Formaldehyd aus dem Para- formaldehyd freigesetzt und durch die Chromatographiesäule mit dem Adsorbermaterial gedrückt . Am Ende der Chromatographiesäule wurde der Gasstrom in 200 ml destilliertes Wasser eingeleitet, das auf 2 Waschflaschen aufgeteilt wurde. In dieser wässri- gen Lösung wurde nach 24 und 48 Stunden der Formaldehyd mit einer Enzymelektrode für Formaldehyd bestimmt. Dabei wurde in den Lösungen beider Waschflaschen kein Formaldehyd nachgewiesen.
Beispiel 4
250 g phosphorylierte Holzspäne werden zu 200 ml einer 2%igen Lösung von N,N-Diethyldiethylentriamin
in destilliertem Wasser addiert und die Suspension wurde 3 Stunden lang bei Zimmertemperatur gerührt. Die Suspension wurde filtriert und der Adsorber wurde mit destilliertem Wasser, Ethanol und Aceton gewaschen, bis das Eluat frei von Amin war (Test mit Trinitrobenzolsulfonsäure) . Danach wurde der Adsorber bei 40 °C getrocknet. Zur Vernetzung wurde der Adsorber in einen Dreihalskolben überführt und 250 ml Aceton wurden addiert. Zusätzlich werden zur Suspension 3 ml 40%ige Natronlauge zugetropft und unter Rühren und Eiskühlung 5 ml in 50 ml trockenem Aceton gelöstes Oxalylchlorid. Die Suspension wurde 30 Minuten bei 0 °C und 30 Minuten bei Umgebungstemperatur gerührt. Der Adsorber wurde abfiltriert und mit Aceton, Ethanol und destilliertem Wasser gewaschen. Der feuchte Adsorber wurde in eine Säule gefüllt, die oben und unten mit Schlauchanschlüssen versehen war. Aus 0,25 mol Ammoniumchlorid wurde in einem Dreihalskolben eine Suspension mit destil- liertem Wasser hergestellt und unter leichtem Erwärmen auf 40 °C wurde zur gerührten Suspension langsam halb konzentrierte Schwefelsäure getropft. Das sich dabei entwickelnde HCl-Gas wurde mit Stickstoff durch die mit dem Adsorbermaterial ge- füllte Säule geleitet, und das resultierende Abgas wurde in zwei Waschflaschen eingeleitet, die jeweils mit einer 5%igen Lösung von Silbernitrat gefüllt waren. Das sich aus dem Ammoniumchlorid bildende HCl-Gas wurde vollständig am Adsorber gebun- den, wie sich daran zeigte, dass sich in der Lösung des Silbernitrats keine Trübung durch schwerlösliches Silberchlorid bildete.
Beispiel 5
100 g Sulfoethylcellulose wurden in 300 ml einer l%igen Lösung von Polyethylenimin mit einem Molekulargewicht von 50000 bis 100000 in destilliertem Wasser eingetragen und die Suspension wurde 30 Minuten lang gerührt. Die modifizierte Sulfoethylcellulose wurde abfiltriert, mit destilliertem Wasser und Ethanol gewaschen und in einen Dreihalskolben mit Rührer und Rückflusskühler überführt . Nach der Zugabe von 250 ml Ethanol wurden 10 ml 1,3-Dibrom- propan in 50 ml Ethanol durch den Tropftrichter zur gerührten Suspension addiert. Danach wurde die Suspension 5 Stunden lang bei 80 °C bis 90 °C gerührt. Der Kolbeninhalt wurde anschließend abgekühlt, filtriert und mit Ethanol gewaschen und bei Umgebungstemperatur getrocknet.
In 2 Liter eines Acetatpuffers vom pH-Wert 4,0 (0,1 mol/1) wurden unter Rühren 20 g des in diesem Beispiel beschriebenen trockenen Adsorbermaterials eingetragen. Innerhalb von 5 Minuten stieg der pH- Wert des Acetatpuffers auf einen Wert von 7,2 infolge des Abfangens der Säure im Puffer. Dadurch verlor die Lösung auch jegliche Pufferkapazität.
Beispiel 6
100 g des in Beispiel 1 beschriebenen trockenen Adsorbermaterials aus Maisspindelgrieß wurden in 2 1 eines schwermetallfreien Deponiesickerwassers (pH-Wert 1,0) eingetragen. Die Suspension wurde 30 Minuten bei Zimmertemperatur gerührt und danach wurde der pH-Wert erneut gemessen. Er war auf einen
Wert von 5,4 angestiegen, ohne dass die Salzfracht durch Zugabe einer Base erhöht wurde .
Beispiel 7
100 g phosphorylierte Weizenstrohpartikel mit einer Größe von 0,5 bis 1 mm wurden, wie im Beispiel 1 beim Maisspindelgrieß beschrieben, mit Polyethylenimin mit einem Molekulargewicht von 20000 beladen, vernetzt und aufgearbeitet. Das dunkelgelbe Adsorbermaterial wurde in 1 1 eines schwarzen Depo- niesickerwassers vom pH-Wert 6,4 und einem CSB-Wert (CSB = chemischer Sauerstoffbedarf) von 6800 eingetragen. Die Suspension wurde 60 Minuten lang bei Zimmertemperatur gerührt, danach filtriert und das Eluat wurde analysiert. Das jetzt als braune Lösung vorliegende Deponiesickerwasser hatte nach der Behandlung einen CSB-Wert von 5200 und einen pH-Wert von 7,2. Eine Wiederholung des Bindungsprozesses mit neuem Adsorbermaterial führte zu einer hellbraunen Lösung mit einem CSB-Wert von 4450 und ei- nem pH-Wert von 8,0. Abschließend kann der dunkelbraune Adsorber mit 1 mol/1 Natronlauge regeneriert werden, was aber angesichts des Anfalls eines neuen, schadstoffhaltigen Abwassers nicht empfehlenswert war. Vielmehr sollte der billige Adsorber ver- brannt werden.