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Polymer-Pyrolyse-Keramiken auf S i/C/N-Basis als Werkstoffe für tribologische Anwendungen
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung rissfreier Keramikformkörper auf Si/C/N-Basis durch Heißpressen von vernetztem Polysilazanpulver und anschließende Pyrolyse des heißgepressten Formkörpers sowie die Verwendung eines so hergestellten Formkörpers für tribologische Zwecke.
Bei Werkstoffen für tribologische Anwendungen, wie beispielsweise Bremsbeläge, ist neben den Reibungseigenschaften besonders das Verschleißverhalten des Materials von Interesse. Hierbei ist sowohl der Eigenverschleiß als auch der am Reibpartner verursachte Verschleiß zu berücksichtigen. Beide sollten möglichst gering sein. Bei Verschleißteilen, wie etwa Bremsbelägen, kommt jedoch einem minimalen Verschleiß am Reibpartner, wie etwa einer Bremsscheibe, eine noch größere Bedeutung zu.
Nach dem Polymer-Pyrolyseverfahren hergestellte Keramiken weisen in dieser Hinsicht große Vorzüge auf. Solche keramischen Materialien auf Si/C/N-Basis können durch Pyrolyse organischer Polymere ohne Zugabe von Additiven hergestellt werden (R. Rice, Ceram. Bull. 62 (1983), 889; D. Seyferth et al., J. Am. Ceram. Soc. 67 (1984), 132). Bei dieser Herstellungsmethode muss das Polymer zunächst thermisch optimal vernetzt werden, um durch anschließende plastische Formgebung zu dichten Formteilen verarbeitet werden zu können. Die Presstemperatur darf dabei den Temperaturmaximalwert im TMA-Diagramm (TMA = thermomechanische Analyse) nicht übersteigen, da ansonsten Risse im gebildeten pyrolysierten Keramikkörper entstehen können ( J. Seitz et al., J. Mater. Sei. Letters 15 (1996), 391-393; Tagungsband "Reibung und Verschleiß", DGM, Bad Nauheim (1996), 335-340). Um eine optimale Vernetzung zu erreichen, muss die Durchführung der Vernetzung individuell
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Eine Aufgabe der Erfindung war es daher, ein Verfahren zur Herstellung rissfreier Keramikformkörper auf Si/C/N-Basis bereitzustellen, welches die Nachteile des Standes der Technik nicht aufweist.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung rissfreier Keramikformkörper auf Si/C/N-Basisdurch Heißpressen von vernetztem Polysilazanpulver und anschließende Pyrolyse des heißgepressten Formkörpers, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Presstemperatur angewendet wird, die höher ist als der Temperaturmaximalwert im TMA-Diagramm des optimal vernetzten Polymers.
Überraschenderweise wurde festgestellt, dass mit dem erfindungsgemäßen Verfahren keramische Materialien erhalten werden können, die hervorragende Eigenschaften, wie etwa eine niedrige Reibungszahl, ein homogenes Reibungsverhalten und insbesondere geringe Verschleißwerte, speziell hinsichtlich des Verschleißes am Reibpartner, aufweisen. Darüber hinaus zeigen die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten keramischen Polymer-Pyrolyse-Materialien eine hervorragende thermische Stabilität und Oxidationsbeständigkeit.
Erfindungsgemäß wird zur Herstellung rissfreier Keramikformkörper auf Si/C/N-Basis von vernetzten Polysilazanpulvern ausgegangen. Das Polysilazanpulver wird gemäß den jeweiligen Anforderungen der vorgesehenen Anwendung ausgewählt. Geeignete Polysilazane umfassen z.B. Polyhydridomethylsilazane, Polyvinylsilazane und andere. Es können aber auch modifizierte Polysilazane eingesetzt werden, die neben Si/C/N weitere Elemente, insbesondere Titan und/oder Bor enthalten. Solche modifizierten Polysilazane können beispielsweise durch Umsetzung von
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Polysilazanen mit Elementalkylamiden (Dissertation M. Frieß, Stuttgart, 1994) oder durch Hydroborierung von Vinylsilazanen hergestellt werden. Besonders bevorzugt wird als Polysilazanpulver ein von der Firma Nichlmen Corp. unter dem Namen NCP 200 vertriebenes Polyhydridomethylsilazan oder ein von der Firma Hoechst AG unter dem Namen VT 50 vertriebenes Polyvinylsilazan verwendet.
Erfindungsgemäß wird das Polysilazanpulver zunächst vernetzt. Dabei ist es nicht notwendig, die Vernetzung individuell für jede Polymercharge zu optimieren, sondern es ist für das erfindungsgemäße Verfahren ausreichend, die Vernetzung unabhängig vom verwendeten Polymerpulver mit einem Standardvernetzungsprogramm durchzuführen. Unter einem optimal vernetzten Polymer wird ein Material verstanden, dessen Vernetzungsgrad es ermöglicht, durch kaltisostatisches Pressen und anschließende Pyrolyse rißfreie, abriebfeste Formteile herzustellen. Ein "optimal vernetztes Polymer" eignet sich also zum kaltisostatischen Pressen.
Das vernetzte Polysilazanpulver wird gegebenenfalls pulverisiert und heißgepresst. Durch anschließende Pyrolyse werden dichte Formteile erhalten. Diese Formteile weisen typischerweise eine Dichte von größer 90 % der theoretischen Dichte, bevorzugt von größer 93 % der theoretischen Dichte und besonders bevorzugt größer 95 % der theoretischen Dichte auf. Überraschenderweise wurde gefunden, dass durch Heißpressen bei erhöhter Temperatur rissfreie Keramikformkörper erhalten werden können, ohne dass zuvor eine optimale thermische Vernetzung durchgeführt werden muss. Die Presstemperatur bei der Formgebung wird erfindungsgemäß so ausgewählt, dass sie höher ist als der Temperaturmaximalwert im TMA-Diagramm des optimal vernetzten Polymers.
Für eine TMA (thermomechanische Analyse) wird eine Probe mit einer vorbestimmten Heizgeschwindigkeit in einer Inertatmosphäre erwärmt, während die lineare Schrumpfung bzw. Ausdehnung gemessen wird. Die
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Heizrate beträgt dabei typischerweise 5 K/min. Zur Auswertung wird die relative Schrumpfung in % gegen die Temperatur aufgetragen. Der Temperaturwert, an dem die aufgetragene Kurve ihr Maximum aufweist, wird als Temperaturmaximalwert bezeichnet. Üblicherweise steigt die Kurve im TMA-Diagramm bei stetiger Erhöhung der Temperatur zunächst bis zum Temperaturmaximalwert an, um dann bei weiterer Erhöhung der Temperatur abzufallen.
Erfindungsgemäß wird das Heißpressen bei einer Temperatur durchgeführt, die höher als der Temperaturmaximalwert im TMA-Diagramm des optimal vernetzten Polymers ist. Bevorzugt ist die verwendete Temperatur 50 bis 100°C höher als der Temperaturmaximalwert im TMA-Diagramm. Das Heißpressen wird bevorzugt bei einem Druck von 10 MPa bis 70 MPa, besonders bevorzugt von 20 MPa bis 60 MPa und am meisten bevorzugt von 30 MPa bis 50 MPa durchgeführt. Das Heißpressen kann bei Preßtemperaturen biszur Pyrolysetemperatur der jeweiligen Materialien (z.B. 1050°C für NCP 200) durchgeführt werden. Bevorzugt wird für das Heißpressen eine Presstemperatur zwischen 275 und 600°C, besonders bevorzugt zwischen 300 und 500°C und am meisten bevorzugt zwischen 330 und 450°C verwendet. Polyhydridomethylsilazan wird nach thermischer Vernetzung und Pulverisierung bevorzugt bei einer Temperatur zwischen 350 und 420°C zum Formkörper gepresst.
Nach der Pyrolyse der heißgepressten Formkörper, welche auch als Grünkörper bezeichnet werden, erhält man Keramiken mit hoher Dichte. Die Dichte der Keramiken beträgt im allgemeinen > 92 % der theoretischen Dichte, bevorzugt > 95 % der theoretischen Dichte und besonders bevorzugt > 97 % der theoretischen Dichte. Je nach den bei der thermischen Behandlung verwendeten Bedingungen erhält man amorphe oder kristalline Strukturen. Amorphe Strukturen werden insbesondere dann erhalten, wenn die Pyrolyse in einem Temperaturbereich von etwa 800 bis 1200°C, bevorzugt 1000 bis 1200°C durchgeführt wird. Erfolgt die
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Untersuchungen an erfindungsgemäß hergestellten rissfreien Keramikformkörpern ergaben, dass die getesteten Materialien, insbesondere aus NCP 200, bzw. VT 50 hergestellte amorphe Keramiken, den bisher bekannten tribologischen Materialien überlegen sind und einen minimalen Verschleiß am Reibpartner verursachen.
Die Pyrolyse des Presskörpers wird bevorzugt bei einer Temperatur zwischen 1000 und 1200°C unter Schutzgas, beispielsweise unter Argon oder Stickstoff, durchgeführt. Bei einer Phasenseparation im Temperaturbereich zwischen 1000 und 2000°C kann es in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des jeweiligen Materials zur Ausscheidung von schmierenden Stoffen, wie etwa Graphit, oder, falls der Formkörper neben den Elementen Si/C/N ein weiteres Element, beispielsweise Titan oder Bor, enthält, hexagonalem Bornitrid oder Titancarbidnitrid, kommen. Diese Ausscheidungen bewirken eine gleichmäßige Verteilung dieser Stoffe, die vor allem im Hinblick auf eine Feststoffschmierung der keramischen Materialien von Interesse sind, in dem keramischen Material. Bei titanhaltigen Materialien ist die Bildung nichtstöchiometrischer Titanoxide, sogenannter "lubricious oxides", die Schmierstoffeigenschaften besitzen, aus Titancarbidnitrid während einer Verschleißbeanspruchung möglich. Die Darstellung titanhaltiger Polysilazane kann beispielsweise durch Umsetzung von Polysiloxanen mit Titanalkylamiden , wie etwa den Tetrakis(dialkylamino)titan-Verbindungen Ti[N(CH3)2]4oderTi[N(CH2CH3)2]4 erfolgen, wobei insbesondere die Vernetzung des Polysilazans durch Umsetzung mit einer solchen Tetrakis(dialkylamino)titanverbindung durchgeführt wird. Es ist auch möglich, ein vernetztes Polysilazanpulver zu
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung eines nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Formkörpers für tribologische Zwecke. Die erfindungsgemäß hergestellten Formkörper weisen hervorragende Reibeigenschaften, wie niedrige Reibungszahlen ( < 0,2, bevorzugt < 0,1), homogenes Reibungsverhalten und besonders niedrige Verschleißwerte sowie eine hohe thermische Stabilität und Oxidationsbeständigkeitauf. Die erfindungsgemäßhergestellten Formkörper weisen insbesondere eine Reibungszahl auf, welche in einem vorbestimmten Bereich (bevorzugt ± 20 %, besonders bevorzugt ± 10 % und am meisten bevorzugt ± 5 %) liegt und nur geringe Schwankungen aufweist, sodass eine gleichmäßige Bremswirkung gewährleistet ist. Durch Variation des verwendeten vernetzten Polymermaterials können die Materialeigenschaften den jeweiligen Erfordernissen der tribologischen Anwendung hervorragend angepaßt werden. Insbesondere eignen sich die erfindungsgemäß hergestellten Formkörper zur Herstellung von Bremsmaterialien, wie etwa Bremsbelägen, welche einen extrem niedrigen Verschleiß an der Bremsscheibe verursachen.
Die Erfindung wird durch die folgenden Beispiele weiter erläutert.
Beispiel 1
Herstellung einer Polymer-Pyrolyse-Keramik auf Si/Ti/C/N-Basis
Die Keramik wird aus einem kommerziell erhältlichen Polyhydridomethylsilazan mit dem Handelsnamen NCP 200® von der Firma Nichlmen Corp. und aus Tetrakis(diethylamino)titan hergestellt. In einem 500 ml Schlenkkolben mit aufgesetztem Intensivkühler, Gasableitungsrohr und angeschlossenen Waschflaschen wurden 103,26 g (0,0861 Mol) NCP 200 (M = 1200 g/Mol) unter Rühren in 300 ml trockenem Toluol gelöst und
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Das so erhaltene Polymer wurde thermisch über den für kaltisostatisches Pressen optimalen Bereich hinaus vernetzt. Dafür wurden 100 g Polymer in einem zylindrischen Glasgefäß (0 = 10 cm) in einem Argonstrom auf 350°C erhitzt (Heizrate = 780 K/h). Die Temperatur wurde dann 185 Minuten beibehalten (125 Minuten im Argonstrom und 60 Minuten im Vakuum bei 1 ,0 x 10"2 mbar). Danach wurde das Gefäß abgekühlt und mit Argon geflutet. Das vernetzte Produkt wurde gemahlen und mit einer Maschenweite von 140 μm gesiebt.
Das gesiebte Pulver wurde in einer zylindrischen Graphit-Matrix in einer Heißpresse uniaxial bei erhöhter Temperatur gepresst. Der maximale Preßdruck betrug 47,45 MPa, die maximale Presstemperatur 400°C. Diese Temperatur liegt ca. 100°C über dem Temperaturmaximalwert der TMA- Kurve des optimal vernetzten Si/Ti/C/N-Polmers. Beim Pressen wurden der Druck und die Temperatur gleichzeitig kontinuierlich gesteigert, wobei der Druck von einem Vorpressdruck von 7,9 MPa in 20 Minuten auf 47,75 MPa bei gleichzeitiger Erhöhung der Temperatur auf 400°C erhöht wurde. Der gesamte Heißpressvorgang erfolgte unter Argon-Schutzgas. Die so erhaltenen Grünkörper wurden bei 1050°C zu einer amorphen Keramik pyrolysiert. Die Pyrolyse fand bei einer Heizrate von 25 K/h und einer Haltezeit bei 1050°C von 4 Stunden unter Argon-Schutzgas statt. Das erhaltene keramische Material besitzt eine Dichte von 96 % der theoretischen Dichte.
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Beispiel 2
Thermomechanische Analyse (TMA)
Die thermomechanische Analyse wurde an einem Gerät des Typs TMA 2000 (Hersteller: Fa. Bahr) durchgeführt. Die TMA entspricht der Simulation einer Pyrolyse. Sie wird vornehmlich zur Kontrolle des Vernetzungszustandes eines Polymers eingesetzt.
Ein Grünling (vernetztes, gepresstes Polymer-Pulver) wird mit einem beliebigen Heizprogramm pyrolysiert und dabei die Längenänderung in Abhängigkeit von der Temperatur gemessen. Während des gesamten Auf heiz- und Abkühlvorganges wirkt auf die Probe ein pulsierendesr Stempel ein (Grundlast: 1 N; pulsierende Zusatzlast: 1 N; Frequenz: 0,1 Hz). Auf diese Art kann zusätzlich noch der Erweichungsbereich des Polymers bestimmt werden, in dem die Messkurve durch die pulsierende Last verursachte Schwingungen aufweist.
Folgendes Heizprogramm wird üblicherweise verwendet: Heizrate: 300 K/h; Zieltemperatur: 1100°C; Haltezeit: 1 h; max. Abkühlrate (ca. 800 K/h). Die Messungen erfolgen im leichten Argon-Strom (ca. 2 l/h).
Zur Herstellung einer TMA-Probe wird das vernetzte Polymer-Pulver kaltisostatisch zu einem zylindrischen Grünling (0 6 mm; h: 8 mm) verpresst.
Beispiel 3
Tribologische Untersuchungen
a) Materialien
Si/C/N-Materialien sind insbesondere durch den enthaltenen freien Kohlenstoff im Hinblick auf eine potentielle Feststoff Schmierung interessant. Bei der Kristallisation solcher Materialien kann es - abhängig von der
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In Si/Ti/C/N-Materialien besteht die Möglichkeit der Bildung nichtstöchiometrischer Titandioxide TiO2.x (0 < x < 0,25), sogenannten "lubricious oxides", die aufgrund ihrer Schichtstruktur analog wie Graphit ebenfalls Schmiermittelwirkung übernehmen können. Solche "lubricious oxides" können an der Oberfläche eines amorphen oder kristallinen Ti- haltigen Si/Ti/C/N-Materials durch Reaktion von Titancarbidnitrid mit Sauerstoff bei erhöhter Temperatur gebildet werden, wobei die Reaktion von Titancarbidnitrid mit Luftsauerstoff auch während der tribologischen Beanspruchung ablaufen kann. Als Si/Ti/C/N-Material wurden analog Beispiel 1 aus Ti-haltigem NPC 200-Polymer durch Heißpressen hergestellte Keramiken in amorphem und kristallinem Zustand verwendet (Ti-Gehalt: 4,5 Masseprozent im amorphen, 6,0 Masseprozent im kristallinen Material). Die Kristallisation wurde dabei bei 1500°C durchgeführt. TEM-Untersuchungen ergaben, dass im amorphen Material alle Elemente homogen verteilt sind; das kristalline Material enthält nanokristalline Titancarbidnitrid- Ausscheidungen mit einer Größe von 300 nm.
In Si/B/C/N-Materialien besteht die Möglichkeit, dass sich Bornitrid bildet, welches durch seine graphitartige Schichtstruktur ebenfalls schmierende Eigenschaften aufweisen kann. Als Si/B/C/N-Material wurden Keramiken
- 10 - verwendet, die aus B-haltigem NCP-Polymer hergestellt wurden. Der Borgehalt des verwendeten Materials betrug 1 ,1 Masseprozent (amorphes Material) bzw. 0,3 Masseprozent (kristallines Material). Da die Kristallisation von borhaltigen Si/B/C/N-Materialien erst bei höheren Temperaturen einsetzt, wurden die kristallinen Proben bei 1800°C ausgelagert.
b) Testergebnisse
Die Untersuchungen wurden an einem speziell konstruierten Tribometer im Rockwell International Science Center (USA) mit den Versuchsbedingungen F = 45 N und v = 5,5 m/s an Luft durchgeführt. Als Gegenkörper wurden Metallscheiben aus Gusseisen verwendet. Die erfindungsgemäß hergestellten Materialien wurden mit konventionell gesintertem Siliciumcarbid und Siliciumnitrid verglichen. Nach den Testdurchführungen wurden die belasteten Probenoberflächen und die Oberflächen der Metall- Gegenkörper mittels ESCA (Elektronenspektroskopie für die chemische Analyse) und durch Auger-Spektroskopie untersucht.
c) Reibungszahlen
In Figur 1 ist der Verlauf der Reibungszahlen der amorphen Materialien im Vergleich zu SiC und Si3N4 dargestellt, wobei Figur 1 A die Reibungszahl für konventionell gesintertes Siliciumnitrid gegen die Zeit, in Figur 1 B die Reibungszahl von konventionell gesintertem Silicumcarbid gegen die Zeit, in Figur 1 C die Reibungszahl eines amorphen keramischen Körpers gegen die Zeit, der erfindungsgemäß aus NCP 200 hergestellt wurde, in Figur 1 D die Reibungszahl eines amorphen Keramikkörpers gegen die Zeit, der erfindungsgemäß unter Hinzufügen von Titan aus NCP 200 hergestellt worden ist und in Figur 1 E die Reibungszahl eines amorphen keramischen Materials gegen die Zeit aufgetragen ist, das erfindungsgemäß aus VT 50 hergestellt worden ist.
Bei dem auf pulvertechnologischem Weg hergestellten SiC treten in den ersten 800 Sekunden starke Schwankungen der Reibungszahl auf. Auch
- 1 1 beim konventionell hergestellten Si3N4 kommt es zu solchen Schwankungen, die insbesondere nach 1200 Sekunden zu beobachten sind. Die erfindungsgemäß hergestellten Polymer-Pyrolyse-Materialien sind in ihrem Kurvenverlauf wesentlich konstanter. Bei der aus NCP 200 hergestellten amorphen Si/C/N-Keramik treten nur zu Beginn einige Schwankungen auf, nach etwa 500 Sekunden ist der Verlauf der Reibungszahl im wesentlichen konstant. Bei der amorphen Si/Ci/C/N-Keramik sind praktisch keine Schwankungen zu beobachten, was auf den Einfluss des Titans zurückgeführt wird. Bei der aus VT 50 hergestellten amorphen Si/C/N- Keramik zeigt sich ebenfalls ein sehr stabiler Kurvenverlauf mit einer besonders niedrigen Reibungszahl von ca. 0,1 . Dies wird auf den hohen Kohlenstoff gehalt in VT 50 (an der Oberfläche 35,9 Atom-%) zurückgeführt, welcher an der Verschleißoberfläche zum Teil in graphitartiger Form vorliegt, wie durch ESCA nachgewiesen wurde. Der kristallin ausgeschiedene Kohlenstoff besitzt hierbei auch bei erhöhter Temperatur (bis 400°C) eine sehr gute Schmierwirkung.
d) Temperaturentwicklung
Das Reibungsverhalten von Materialien spiegelt sich auch im
Temperaturverlauf während der tribologischen Versuche wider. Allgemein sind hohe Temperaturen unerwünscht, da sie zu einer größeren
Materialbelastung und Oxidationsanfälligkeit führen. In Tabelle 2 sind die maximalen, während der tribologischen Tests erreichten Temperaturen angegeben.
Tabelle 2
Si3N4 SIC Si/C/N (NCP Si/Ti/C/N, Si/C/N (VT
200), amorph 50), amorph amorph
> 1 100°C > 1 100°C 900 °C 950°C < 400°C
- 12 - e) Verschleißwerte
Bei den Verschleißwerten unterscheidet man zwischen dem linearen Verschleiß am Metallgegenkörper und dem Verschleiß an der Keramik. In Tabelle 3 sind die erhaltenen Werte aufgeführt.
Tabelle 3
Material Linearer Verschleiß Linearer Verschleiß am Gegenkörper [μm] an der Keramik [μm]
SiC 59,7 127,0
Si3N4 50,8 53,3
Si/C/N (NCP 200), 7,6 73,7 amorph
Si/Ti/C/N, amorph 2,5 85, 1
Si/C/N (VT 50), 0 175,3 amorph
Die amorphen Polymer-Pyrolyse-Keramiken zeichnen sich im Vergleich mit konventionell hergestellten Materialien besonders durch ihre niedrigen Verschleißwerte am Metallgegenkörper aus. Die amorphe Si/C/N-Keramik aus VT 50 verursacht praktisch keinerlei Verschleiß am Metall, was für viele Anwendungen, z.B. Bremsbeläge, äußerst vorteilhaft ist.