Elastischer Kugelkopf für Hüftgelenkimplantate
Die Erfindung betrifft einen speziellen Kugelkopf für künstliche Hüftgelenksysteme zur Anwendung als Implantat in der Humanmedi¬ zin.
Derartige Kugelköpfe waren in der Vergangenheit gewöhnlich fest mit dem implantierbaren Schaft verbunden. In der Zwischenzeit sind odulare Systeme aufgekommen, bei welchen beide Teile über eine genormte Schnittstelle (neuerdings der sogenannte Eurokonus 12/14) miteinander durch Zusammenstecken verbunden werden. Das modulare System hat den Vorteil, daß es durch die Verfügbarkeit von Kugelköpfen mit verschiedenen Konustiefen die Anpassung an die Anatomie des Patienten erlaubt.
Unabhängig davon, ob sie nun modular aufsteckbar sind oder direkt mit dem Schaft eine Einheit bilden, werden solche Kugelköpfe bis¬ her in einer massiven Ausführung aus metallischen oder kerami¬ schen Werkstoffen hergestellt. Eine elastische bzw. dämpfende Funktion ergibt sich aus dieser Gestaltung nicht.
Insgesamt wird für die einzelnen Komponenten des künstlichen Ge¬ lenkersatzes bis in die Gegenwart hinein ein ständiger Entwick¬ lungsaufwand betrieben, um sie weiter zu verbessern und dabei die natürlichen Funktionen des Gelenks und seiner Umgebung in nahezu perfekter Weise nachzugestalten. Das Ziel dieser Bemühungen ist eine möglichst dauerhafte und beschwerdefreie Benutzbarkeit sol¬ cher Kunstgelenke.
Es hat sich jedoch gezeigt, daß vor allem durch das Einbringen des künstlichen Schaftes in den Femur in die elastischen Verhält¬ nisse des beteiligten Knochensystems eingegriffen wird. In der Folge sind daher Umbauvorgänge im Knochen und teilweise auch Lockerungen des Implantates zu beobachten. In diesem Zusammenhang ist von Interesse, daß rein geometrisch betrachtet, der natürli¬ che Kugelkopf des Hüftgelenks beim Menschen genau senkrecht ober¬ halb der Kondyläen des Kniegelenks positioniert ist. Der Femur stellt nun allerdings nicht die kürzeste Verbindungslinie zwi¬ schen diesen beiden Punkten dar. Vielmehr ergibt sich aus dem Verlauf des Oberschenkelhalses vom Kugelkopf weg zum Trochanter major hin und weiter nach unten zurück zum Kniegelenk eine aus¬ gelenkte Linie, welche entfernt an einen Bogen erinnert. Diese Formgestalt bewirkt beim Einleiten von vertikaler Last auf den natürlichen Hüftkopf ein geringes Ausfedern des Femurs, weil der Femur zum Teil mit axialen Kräften und zum Teil mit Biegemomenten beansprucht wird. Dieses elastische Strukturverhalten ist in Ver¬ bindung mit den Dämpfungseigenschaften des Knochens vorteilhaft, da es bei dynamischer Beanspruchung des Knochenapparats, z.B. beim Laufen, zu einer Abschwächung der in das Becken geleiteten Lastspitzen führt.
Die mit dem Einsetzen eines Kunstgelenks einhergehende Verstei¬ fung des Gesamtsystems bewirkt demgegenüber, daß die dynamischen Lastspitzen mit geringerer Dämpfung übertragen werden und dabei zu einer unerwünscht hohen Beanspruchung der Grenzflächen zwi¬ schen Implantat und Knochen führen, wodurch es zu vorzeitigen Auslockerungen des Implantates kommen kann.
Es hat daher in jüngster Zeit vereinzelte Ansätze gegeben, die mit der Implantation eines Kunstgelenks einhergehende Beeinträch¬ tigung der Steifigkeit des Gesamtsystems mindestens teilweise mittels eines nachgiebigen Kugelkopfes rückgängig zu machen, um so zu einer verbesserten Lebensdauer derartiger Implantate zu kommen.
Aus der Deutschen Offenlegungsschrift DE 3802213 AI ist ein auf-
steckbarer Kugelkopf mit elastischen Eigenschaften bekannt, wobei der kugelige Gelenkteil eine Ausnehmung besitzt, in welche ein hutför iger Körper aus einem Elastomer eingeschoben ist. In die¬ sen wiederum ist eine konische Hülse eingesetzt. Dabei wird auch vorgeschlagen, den hutförmigen Körper in Kammern aufzuteilen und mit einem Flüssigkeits-Gas-Gemisch zu befüllen.
Der genannten Erfindung liegt in Bezug auf die Verwendung eines im Prinzip wie ein Stoßdämpfer arbeitenden Elementes der Irrtum zugrunde, daß in dem gebildeten Gesamtsystem solch ein aus dem Maschinenbau bekanntes Element benötigt würde. Das ist jedoch nicht der Fall, denn die Menge der beteiligten komplexen Massen in Form von Knochen, Gewebe, Muskulatur, Sehnen, Blutgefäßen usw. besitzt eine genügend große eigene Dämpfung, sodaß zur Minderung dynamischer Lastspitzen lediglich eine federnde Komponente erfor¬ derlich ist. Eine praktische Ausführung in der vorgeschlagenen Form mit Kammern würde weder der zu erwartenden statischen noch der dynamischen Belastung standhalten. Nachteilig ist ferner die formschlüssige Verbindung zwischen dem federnden Element aus ei¬ nem Elastomer und dem Kugelteil bzw. der konischen Hülse, wobei deren gegenseitige Lage lediglich über Wülste und entsprechende Nuten fixiert ist, weil bei mechanischer Beanspruchung Relativ¬ bewegungen zwischen den einzelnen Komponenten unvermeidbar wären, welche auf Dauer zu Abrieb und Verschleiß führen würden. Eine Einbeziehung des kugeligen Elements selbst in die Federstrecke ist bei der genannten Erfindung nicht vorgesehen.
Ein generelles Handicap besteht hier ferner hinsichtlich der Ver¬ wendung eines Elastomers als Bestandteil des Implantats. Für die¬ sen Zweck kommen ausschließlich solche Elastomere in Frage, wel¬ che die bekannten Kriterien der Biokompatibilität erfüllen. Lei¬ der sind aus der Gruppe derartiger Werkstoffe mit gummiartigen Eigenschaften nur wenige physiologisch neutral, so z.B. bestimmte Silikonkautschuke. Hinzu kommt, daß verarbeitbare Gummimischungen in der Regel eine Reihe von Zusätzen enthalten (z.B. Katalysato¬ ren, Ruße, Füllstoffe oder Stabilisatoren, wie Mittel zur Verbes¬ serung der Beständigkeit gegen z.B. Ozon oder UV-Strahlen) . Jeder
der für eine solche Mischung benötigten Zusatzstoffe, ebenso wie das Basis-Elastomer selbst, müßte sowohl für sich allein, als auch in Wechselwirkung mit den anderen Zusätzen die Grundvoraus¬ setzung der physiologischen Neutralität erfüllen, ehe überhaupt eine Verwendung für ein Implantat ins Auge gefaßt werden könnte. Daneben ist in Bezug auf das vorliegende Beanspruchungsprofil (Körpertemperatur, Körperflüssigkeit, mechanische Beanspruchung) nur relativ wenig über das Alterungsverhalten dieser Elastomere während ihrer Verweilzeit im menschlichen Körper bekannt.
Die oben im einzelnen angesprochenen Probleme dürften auch der Grund dafür sein, daß Kugelköpfe der beschriebenen Bauweise bis¬ lang nicht zum Einsatz gekommen sind.
Aus der Deutschen Gebrauchsmusteranmeldung G 9209584.4 ist ferner ein aufsteckbarer Kugelkopf bekannt, dessen massives Kugelteil axial auf der innenliegenden Kupplungshülse verschiebbar ist, wo¬ bei diese Verschiebung über geeignete Mittel abgefedert und ge¬ dämpft werden soll. Diese Bauform ist schon vom konzeptionellen Ansatz her der gestellten Aufgabe nicht adäquat, da die einzig mögliche Verschiebungsrichtung in Achsrichtung des Hüftschaftzap¬ fens verläuft, also etwa unter 45° zur hauptsächlichen anatomi¬ schen Beanspruchungsrichtung. Das sich daraus ergebende Elastizi¬ tätsverhalten ist extrem anisotrop. Nachteilig ist des weiteren der aufgrund der Reibung zu erwartende Verschleiß und der hohe Fertigungsaufwand der Keilnutenführung.
Eine verwandte Bauform eines gefederten Kugelkopfes ist aus der Deutschen Offenlegungsschrift DE 4204979 AI bekannt. Hierin wird vorgeschlagen, den massiven Kugelkörper mittels einer zylindri¬ schen Passung axial verschiebbar direkt auf dem Hüftschaftzapfen zu lagern und mittels einer Kolonne aus Tellerfedern elastisch anzukoppeln. Diese Gestaltung macht jedoch speziell angepaßte Hüftschaftzapfen erforderlich. Der Kugelkopf ist damit nicht auf die genormten und weit verbreiteten konischen Zapfen aufsteckbar. Im übrigen bestehen auch hier die Nachteile der extremen elasti- zitätsmäßiσen Anisotropie und einer von der Beanspruchungsrich-
tung divergierenden Verschiebungsrichtung, sowie des Verschleißes durch metallische Reibung.
In Bezug auf massive Kugelköpfe existiert neben dem oben ausführ¬ lich beschriebenen Nachteil mangelnder Federungseigenschaften noch ein weiteres Problem durch das Auftreten von Abrieb im Ge¬ lenk selbst. Dieser entsteht dadurch, daß zwischen den beiden artikulierenden Körpern Kugel und Pfanne im unbelasteten jung¬ fräulichen Zustand ein Lagerspiel besteht. So ist es z.B. üblich, den äußeren Durchmesser der Kugel mit 32 Millimetern und einem Abmaß von bis zu 50 Mikrometern zu fertigen, während der innere Durchmesser der Polyäthylen-Pfanne mit bis zu 32,3 Millimetern festgelegt wird. Daraus ergibt sich ohne Belastung im Prinzip eine lediglich punktförmige Berührungsfläche zwischen den beiden Gleitpartnern. Unter Last muß sich diese punktförmige Berührungs¬ fläche zwangsläufig zu einer Kreisfläche vergrößern, wobei die Polyäthylen-Pfanne bzw. das Polyäthylen-Inlett unter Auftritt von plastischer Deformation von der massiven Kugel überwälzt wird. Messungen haben nämlich gezeigt, daß die gesamte elastische Ver¬ formung eines Polyäthylen-Inletts nur im Bereich von bis zu 6 Mikrometern abläuft, ein Wert, welcher keinesfalls ausreicht, um eine der kräftemäßigen Beanspruchung entsprechende Auflagefläche zu schaffen. Die in kleinsten Flächenbereichen taktmäßig auftre¬ tenden Überbeanspruchungen und die ständige Erzeugung plastischer Deformation können nicht ohne Auswirkungen auf den Verschleiß an der Polyäthylenfläche bleiben.
Es bestand daher die Aufgabe zur Schaffung eines federnden Kugel¬ kopfes mit relativ isotroper Elastizitätscharakteristik bei aus¬ reichender Beanspruchbarkeit und Ermüdungssicherheit, welcher auf die genormten Zapfen von Hüftgelenkschäften aufsteckbar sein sollte. Für den zu schaffenden Kugelkopf bestanden ferner die Forderungen nach verbesserten eigenen Verschleißeigenschaften so¬ wie der weitgehenden Reduzierung des Abriebs an dem Gegenlauf- partner in Gestalt von Polyäthylen-Pfanne bzw. -Inlett. Außerdem sollte der Kugelkopf in den unterschiedlichsten Größen, mit ver¬ schiedenen Konustiefen und zu günstigen Kosten herstellbar sein.
Die beschriebene Aufgabe wird nach der Erfindung gemäß den in den Ansprüchen 1 und 2 sowie den Unteransprüchen gegebenen Lehre ge¬ löst. Das erfinderische Konzept sieht vor, die aufsteckbare Hüft¬ gelenkkugel in drei funktioneile Elemente aufzugliedern, wovon eines starr und die beiden anderen elastisch sind. Das starre Element hat die Form einer konischen Hülse und dient der Ankopp- lung der Hüftgelenkkugel an den entsprechenden Zapfen des Schaf¬ tes. Das erste der beiden elastischen Elemente ist der eigentli¬ che Kugelkörper in Gestalt einer Kugelschale, welcher im wesent¬ lichen für eine elastische Anschmiegung an die Gleitfläche der Pfanne verantwortlich ist. Das zweite der beiden elastischen Ele¬ mente ist ein elastisches Zwischenglied, welches in den Kraft¬ übertragungsweg zwischen dem starren Element und der elastischen Kugelschale eingebunden und mit seinen Ankoppelpunkten bzw. -flä¬ chen stoffschlüssig fest mit den beiden anderen genannten Elemen¬ ten verbunden ist. Ihm kommt die Aufgabe zu, innerhalb des Kraft¬ übertragungsweges eine Federwirkung zu entfalten.
Mit der Erfindung wird vorgeschlagen, die Kugelschale in ihrer Wandstärke so weit auszudünnen, daß einerseits die erforderliche Dauerfestigkeit gegeben ist, andererseits eine in Bezug auf die gewünschte Anschmiegung ausreichende Elastizität erzielt wird. Anhand von Finite-Ele ente-Analysen wurde gefunden, daß je nach herangezogenem Werkstoff Kugelschalen mit Wanddicken zwischen et¬ wa 0,6 und 2,0 Millimeter für die Realisierung der ins Auge ge¬ faßten Zielsetzung gut geeignet sind. Im Ergebnis werden an der jeweiligen Belastungsfläche weich übergehende Abplattungen des Kugelmantels gebildet, welche mit ihrem Flächeninhalt der Bela¬ stungsgröße proportional sind und bei geeigneter Wanddicke eine entsprechend großflächige Auflage zum Reibpartner bilden. Durch diese Maßnahme entsteht im Hinblick auf die Abriebverminderung an der Pfanne bzw. dem Inlett aus Polyäthylen ein multiplikativer Effekt dadurch, daß einerseits durch die Elastizität der Kugel¬ schale die zur Einwirkung kommenden Kräfte auf eine größere Flä¬ che verteilt werden, andererseits diese Kräfte ihrer Amplitude nach durch die federnden Eigenschaften des elastischen Zwischen¬ gliedes herabgesetzt sind. Dieser Gesichtspunkt ist insbesondere
deshalb wichtig, weil der Abrieb bekanntlich überproportional zur Reibkraft ansteigt.
Mit der Erfindung werden verschiedene aufsteckbare Ausführungs¬ formen des elastischen Kugelkopfes vorgeschlagen, welche voll¬ ständig aus einem metallischen Werkstoff herstellbar sind. Dabei ist das elastische Zwischenglied stoffschlüssig mit den anderen beiden Elementen Kugelkörper/-schale und konischer Hülse verbun¬ den. Besonders vorteilhaft sind solche Zwischenglieder in Gestalt gekrümmter Flächen, welche im Querschnitt z.B. wellmembran- oder wellbalgartig, bogenförmig oder dergleichen, und mit verhältnis¬ mäßig dünnen Wandstärken gestaltet sind. Derartige Kugelköpfe sind allerdings in der Regel je nach ihrer Formgestalt nicht ohne weiteres in einem Stück herstellbar, sodaß sie aus einzelnen Tei¬ len z.B. mittels Zerspanung oder Umformung hergestellt und danach z.B. schweißtechnisch verbunden werden müssen. Heute stehen dafür qualitativ hochwertige Schweißverfahren zur Verfügung, z.B. das Laserschweißen oder das Elektronenstrahlschweißen, welche für die Herstellung größerer Serien auch wirtschaftlich sind.
Daneben wären die erfindungsgemäßen Kugelköpfe einstückig wesent¬ lich einfacher im Feingußverfahren herstellbar. Zur Zeit kann je¬ doch keine verläßliche Aussage darüber gemacht werden, ob die bei Feingußwerkstoffen reduzierten Festigkeitswerte einer Dauerbean¬ spruchung sicher gewachsen wären.
Als Werkstoffe für den erfindungsgemäßen Hüftgelenkkopf sind z.B. Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierungen oder Titanlegierungen verwend¬ bar. Beide Werkstoffgruppen sind als Schmiedelegierungen von ih¬ rer Festigkeit her geeignet. Titanlegierungen (z.B. Titan-Alumi¬ nium-Vanadium bzw. Titan-Aluminium-Niob) besitzen gegenüber den Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierungen einen etwa auf die Hälfte redu¬ zierten Wert des E-Moduls , was für die hier vorliegende Anwendung etwa eine Verdoppelung des Federweges bedeutet. Vorteilhaft er¬ scheint die Verwendung einer Titanlegierung auch durch ihre gute Körperverträglichkeit, bzw. durch die im Falle der Kombination mit einem Titanschaft gegebene Werkstoffgleichheit, welche einer
galvanischen Elementbildung vorbeugt. Allerdings sind Titanlegie¬ rungen als schlechte Reibpartner bekannt, sodaß für die polierte Kugeloberfläche eine geeignete Beschichtung unerläßlich er¬ scheint.
In dieser Beziehung wird vorgeschlagen, die Oberfläche des Kugel¬ kopfes mit einer der heute zur Verfügung stehenden Beschichtungen mittels z.B. des PVD- bzw. CVD-Verfahrens zu versehen, um den Reibbeiwert abzusenken. Mittels einer gleichzeitigen Beschichtung der inneren Konusfläche kann daneben ein Festfressen des auf¬ steckbaren Kugelkopfes auf dem Zapfen des Schafts sicher unter¬ bunden werden. Besonders vorteilhaft ist eine Beschichtung des Kugelkopfes mit einem dotierten superharten Kohlenstoff mittels des PCVD-Verfahrens , wobei diamantartige Eigenschaften der Ober¬ fläche erzielbar sind. Eine derartige Schicht, die unter dem Mar¬ kennamen DYNAMANT der IKOS GmbH, Hösbach, bekannt ist, besitzt nicht nur niedrigste Werte der Trockenreibung, sondern auch eine sehr hohe elastische Rückfederung, sodaß sie für die vorliegende Anwendung geradezu ideal ist. Bei der Heranziehung einer Titanle¬ gierung als Substrat werden im Übergangsbereich zur Beschichtung Titancarbide gebildet, wodurch äußerst stabile chemische Bindun¬ gen geschaffen werden. Ein Abplatzen der Beschichtung ist daher nicht zu befürchten. Wegen des Anschmiegeffektes des erfindungs¬ gemäßen Kugelkopfes an den Reibpartner ist gleichzeitig das so¬ genannte Einbrechen der harten Schicht in das relativ weiche Sub¬ strat beseitigt, wie es bei massiven Kugelköpfen wegen hoher Punktbelastung teilweise zu beklagen ist. Außerdem wurde für die genannte Schichtart die Biokompatibilität in vitro bereits nach¬ gewiesen und ist in vivo zu erwarten (Siehe: The Effects of Dia- mond-like Carbon Coatings on Macrophages, Fibroblasts and Osteo- blast-like Cells in vitro, Matthew Allen, Frances Law & Neil Rushton, University of Cambridge Orthopaedic Research Unit, Ad- denbrooke's Hospital, Hills Road, Cambridge CB2 2QQ, UK) .
Die oben genannte Schicht aus diamantartigem Kohlenstoff bietet noch ein gewisses Potential zur weiteren Verbesserung für die vorliegende Anwendung, z.B. durch Variation der Abscheideparame-
ter oder geeignete Dotierung. Wenn diese Schicht hier im Zusam¬ menhang mit der Erfindung besonders empfohlen wird, soll daraus allerdings nicht der Schluß gezogen werden, daß allein diese Be- schichtungsart für den erfindungsgemäßen Kugelkopf geeignet wäre. Auf diesem Gebiet findet eine umfangreiche Forschung und Entwick¬ lung statt, woraus ein ständig zunehmender Kenntnisstand resul¬ tiert. Aus tribologischen Gründen scheint vor allem die Benetz¬ barkeit der Schichtoberfläche durch Schaffung einer hydrophilen Charakteristik von Wichtigkeit zu sein, um die Aufrechterhaltung eines Flüssigkeitsfilms zur Schmierung der Gleitflächen sicherzu¬ stellen.
Das für das Artikulationssystem angestrebte Mischreibungsverhal- ten mit einem trennenden Schmierfilm in Gestalt der Synovalflüs- sigkeit wird bei Verwendung des erfindungsgemäßen Kugelkopfes da¬ durch unterstützt, daß einerseits aufgrund der stark reduzierten spezifischen Flächenbelastung eine vollständige Verdrängung des Schmierfilms vermieden wird, andererseits durch die periodische Deformation der Kugelschale z.B. beim Gehen ein Pumpeffekt ent¬ steht, wodurch ständig Synolvalflüssigkeit im Artikulationsspalt bewegt wird.
Die Erfindung soll anschließend mittels der sechs Zeichnungsfi¬ guren anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert werden. Sämtliche Zeichnungsfiguren zeigen aufsteckbare Kugelköpfe des Kopfdurchmessers 32 Millimeter in der sogenannten Kurzhalsver¬ sion. Dabei wurde für die Figuren 1 bis 4 eine geschnittene Dar¬ stellungsweise im Maßstab von etwa 2:1 gewählt, wobei die jeweils herangezogenen Wanddicken lediglich zeichnerische Gründe haben. Fig.5 stellt eine gegenüber den ersten vier Figuren leicht ver¬ größert geplottete Finite-Ele ent-Diskretisierung der Kugelschale und des elastischen Zwischengliedes dar, welche dem mit Fig.4 vorgeschlagenen Gestaltungskonzept entspricht. Der Fig.6 ist eine überhöht dargestellte Deformation des Systems unter einer typi¬ schen Krafteinwirkung zu entnehmen.
Die Fig.l zeigt eine Version, bei welcher die Kugelschale 1 mit
der konischen Hülse 3 über ein elastisches Zwischenglied 2 in Bo- genform stoffschlüssig verbunden ist. Dieses Zwischenglied ist in Richtung zu einer mehr wellmembranartigen Gestalt hin abwandel¬ bar. Die Gesamtelastizität des gezeigten Beispiels ist zwar nicht sehr hoch und auch etwas stärker anisotrop, andererseits ist die¬ se Ausführung unter Umständen z.B. durch sogenanntes superplasti¬ sches Tiefziehen bzw. Umformen recht einfach herstellbar.
Eine etwas höhere Elastizität und ein etwas isotroperes elasti¬ sches Verhalten ist mit einem Kugelkopf gemäß der Fig.2 erziel¬ bar. Hier geht die Kugelschale 4 mittels eines im Querschnitt haarnadelartigen Bogens 8 in das elastische Zwischenglied 5 über, welches wiederum mit einem wellartigen Rand 7 in die innen liegende Hülse 6 einmündet.
In der Zeichnungsfigur 3 wird eine weitere Variante des erfin¬ dungsgemäßen Kugelkopfes vorgestellt, welche bezüglich der ange¬ strebten homogenen Deformation der Kugelschale unter Last zwar weniger günstig abschneidet, hier jedoch dem Zwecke dienen soll, ein Beispiel für die Bandbreite der Erfindung zu geben. Dabei findet ein im Querschnitt S-förmiges elastisches Zwischenglied 10 Verwendung, welches nach außen hin im äquatorialen Bereich 12 der Kugelschale 9, und nach innen hin in der Ankoppelzone 13 der ko¬ nischen Hülse 11 jeweils stoffschlüssig angeschlossen ist.
Bei den Finite-Elemente-Analysen der verschiedenen Ausführungs¬ varianten erwies sich besonders das Gestaltungskonzept gemäß der Fig.4 als ausgesprochen vorteilhaft. Hier geht die Kugelschale 14 an ihrem unteren Rand 17 weich in das elastische Zwischenglied 15 über, welches seinerseits im Bereich 18 in die konische Hülse 16 einmündet. Bei der FE-Analyse ergab sich unter der Annahme einer statischen Ersatzlast von 3000 N für den Fall der Verwendung ei¬ ner Titanlegierung bei einer Wandstärke zwischen etwa 1,2 und 1,3 Millimeter für das Zwischenglied ein recht isotropes Federungs¬ verhalten mit Federwegen bis zu 0,1 Millimeter. Dabei lagen die Maximalspannungen bei Werten von bis zu etwa 330 N/mm2 und somit in einem deutlichen Sicherheitsabstand zu den für eine Ermüdungs-
beanspruchung von 10 Millionen Zyklen zulässigen Spannungen von etwa 500 N/mm2. Die FE-Analysen lieferten ferner Hinweise darauf, daß je nach Kugeldurchmesser Wandstärken für die Kugelschale zwi¬ schen etwa 0,8 und 1,8 Millimeter problemlos niedrige Beanspru¬ chungen ergeben und gleichzeitig die auch für die Kugelschale selbst angestrebte Elastizität sicherstellen.
Im Hinblick auf das angestrebte Anschmiegverhalten des Kugelman¬ tels wird vorgeschlagen, dessen Wandstärke so festzulegen, daß die Vergleichsspannungen im Material bei Beaufschlagung mit einer Kraft von 3000 N mittels einer im Durchmesser maximal 0,5 Milli¬ meter größeren Kalotte aus den üblichen Beanspruchungsrichtungen (z.B. zwischen etwa 30 und 50° zur Symmetrieachse des Kugelkop¬ fes) an keiner Stelle den für den Werkstoff des Schalenmantels zulässigen Wert der Dauerbeanspruchung für zehn Millionen Last¬ zyklen übersteigen. Dabei muß die sich unter der gleichen Last¬ einleitung ergebende Deformation des Kugelmantels zu einer Ab¬ plattung hin in ihrer Flächenausdehnung mindestens groß genug sein, um die spezifische Flächenbelastung des GegenlaufPartners (z.B. aus Polyäthylen) auf einen zulässigen bzw. die plastische Deformation ausschließenden Wert abzusenken. Andererseits darf jedoch die mit der Abplattung einhergehende, zur Lastachse äqua¬ torial liegende AufWeitung des Schalenmantels nicht größer sein, als der Unterschied zwischen dem Durchmesser der Kugel und dem der Reibpartnerkalotte, um Klemmeffekte sicher auszuschließen.
Für das Ausführungsbeispiel gemäß der Zeichnungsfigur 4 wurden mit einer Finite-Ele ent-Analyse die Verschiebungen der Struktur berechnet. Fig.5 stellt die unbelastete Ausgangskonfiguration und Fig.6 die unter Last deformierte Struktur dar. Um die Deformation im Detail besser erkennbar zu machen, wurde die Deformationsgröße um den Faktor 30 überhöht dargestellt. Die einwirkende Kraft F wurde auf einen Wert von 3000 N festgelegt und ihre Wirkrichtung gemäß dem eingetragenen Pfeil angenommen. Aus den abgebildeten Plots (Fig.5, Fig.6) sind die für das Modell herangezogenen Wand¬ stärken von 1,25 mm für das elastische Zwischenglied und 1,75 mm für die Kugelschale nicht zu ersehen. In beiden Fällen wurde die
innen liegende konische Hülse weggelassen, da sie nicht Bestand¬ teil des elastischen Systems ist. Die Plots zeigen jeweils den¬ selben Kugelkopf in einer räumlichen Lage, welche etwa der Ein¬ bausituation im menschlichen Körper entspricht, also mit der Sym¬ metrieachse ungefähr um 45° gegen die Vertikale geneigt.
Die praktische Umsetzung der verschiedenen Ausführungsvarianten des erfindungsgemäßen Kugelkopfes kann es aus produktionstechni¬ schen Gründen erforderlich machen, von den einfachen gezeigten Geometrien abzuweichen. Insbesondere kann es erforderlich sein, im Bereich von Schweißnähten geringfügig dickere Wandstärken vor¬ zusehen, oder bestimmte Bereiche geometrisch so abzuändern, daß z.B. eine drehtechnische Herstellung ermöglicht wird. Entspre¬ chende Vorgehensweisen und Bearbeitungsverfahren sollten für den durchschnittlich gebildeten Fachmann kein Problem darstellen.
Generell besteht bezüglich der in den Figuren 1 bis 4 gezeigten Ausführungsbeispielen die Wahlmöglichkeit, in den Nebenschluß des Kraftwegs zum elastischen Zwischenglied aus Metall zusätzlich ein Zwischenglied aus einem Elastomer einzugliedern, etwa durch teil¬ weises Auffüllen der abgeschlossenen Hohlräume. Ein direkter Kör¬ perkontakt des Elastomers bzw. ein Kontakt des Elastomers mit der Synovialflüssigkeit wäre damit weitestgehend unterbunden, sodaß die prinzipielle Verwendung eines Elastomers unter diesen Umstän¬ den weniger kritisch zu beurteilen wäre. Da die angestrebten Funktionen jedoch auch mittels der reinen Ganzmetallausführungen erzielbar sind und die Einbindung zusätzlicher Komponenten aus einem Elastomer zu einem höheren Herstellaufwand führen würde, werden entsprechende Gestaltungen wohl als weniger vorteilhaft einzustufen sein.
Die erfindungsgemäße Kugelkopf ist problemlos auch als sogenann¬ ter Großkopf bzw. als innerer Teil eines Duokopfes herstellbar. Derartige spezielle Kugelköpfe werden benötigt, wenn ein Patient einen künstlichen Hüftschaft erhält, z.B. nach einem Oberschen¬ kelhalsbruch, ein Ersatz der eigenen Hüftpfanne jedoch nicht er¬ forderlich ist. Auch in diesen Anwendungsfällen kommen die Vor-
teile der erfindungsgemäßen Gestaltung voll zum Tragen.
Mit der Erfindung wird ein auf gängige Hüftgelenkschäfte mit ge¬ normten Anschlußzapfen aufsteckbarer Kugelkopf zur Verfügung ge¬ stellt, welcher günstige Auswirkungen auf die Benutzungsdauer solcher künstlichen Gelenke dadurch erwarten läßt, daß er durch seine Federwirkung eine Dämpfung der dynamischen Beanspruchung des beteiligten Knochenapparates insbesondere an den Kontaktstel¬ len zum Implantat bewirkt. Gleichzeitig wird der ärgerliche Ver¬ schleiß des artikulierenden Reibpartners aus Polyäthylen durch eine multiplikative Auswirkung der verschiedenen elastischen Ei¬ genschaften des erfindungsgemäßen Kugelkopfes deutlich herabge¬ setzt,' indem einerseits die einwirkenden Lastspitzen ihrer Ampli¬ tude nach mittels des elastischen Zwischengliedes vermindert und andererseits durch eine elastische Anschmiegung der Kugelschale auf eine größere Fläche verteilt werden. Die Erfindung ist dane¬ ben mit vertretbarem Aufwand in die Praxis umsetzbar, wobei zum großen Teil auf bewährte Materialien und Verfahren zurückgegrif¬ fen werden kann. Dabei kann der erfindungsgemäße Kugelkopf in den unterschiedlichsten Größen bis hin zur Großkopfkugel, und in den verschiedensten Gestaltungen bis hin zur Integration in einen Duokopf hergestellt werden. Die vorteilhaften Auswirkungen der Erfindung, wie weitgehende Eliminierung des Gelenkflächenver¬ schleißes bzw. Schonung der Kontaktflächen zwischen Implantat und knöchernem Lager, lassen es erwarten, daß Revisionsoperati¬ onen an derartigen Kunstgelenken nur noch in größeren zeitlichen Intervallen erforderlich oder aber gänzlich überflüssig werden.