MEDIZINTECHNISCHES INSTRUMENTARIUM UND VERFAHREN
Die vorliegende Erfindung betrifft ein medizintechnisches Instrumentarium zum Unterstützen eines Operateurs bei der Behandlung eines Knochens, ins- besondere des menschlichen Beckenknochens, sowie ein medizintechnisches Verfahren.
Die Erfindung betrifft insbesondere ein Instrumentarium und ein Verfahren zum Einsatz bei der Behandlung eines hochgradige Defekte aufweisenden Knochens, zum Beispiel bei Revisionseingriffen in der Hüftendoprothetik, die nachfolgend als Beispiel für die Anwendung der Erfindung herangezogen wird. Die Erfindung ist jedoch nicht auf diese Anwendung beschränkt, sie eignet sich auch für die Anwendung außerhalb von Revisionseingriffen, bei denen insbe- sondere von vornherein schlechte Voraussetzungen an Vorhandensein und/oder Substanz oder Beschaffenheit des Knochens bestehen.
Im herkömmlichen Fall stellt die Revision eines Hüftimplantates, insbesondere der Ersatz einer künstlichen Hüftpfanne, bei Vorliegen von höhergradigen Kno- chendefekten für den Operateur nach wie vor eine große Herausforderung dar. Beispielsweise mangelt es bei fehlender Knochensubstanz im Bereich des Ace- tabulums intraoperativ an einer Orientierungshilfe für den Operateur, das Re- visionsimplantat zu positionieren. Zwar kann der Operateur mit Hilfe von Ver- gleichen der krankhaften Seite des Beckenknochens mit der gesunden Seite des Beckenknochens, beispielsweise auf Röntgenaufnahmen, bei dem Revisi- onseingriff unterstützt werden. Umfassende Erfahrung des Operateurs bei Re- visionsoperationen ist hilfreich und von Vorteil. Jedoch tritt in der Praxis der Fall auf, dass es selbst erfahrenen Operateuren aufgrund fehlender anatomi- scher Landmarken des Beckenknochens an der erforderlichen Orientierung fehlt und dadurch das Implantationsergebnis beeinträchtigt wird. Beispielswei-
se führt die Anwendung der herkömmlichen "Sloof-Technik" häufig zu einer zu weit lateralen Position des Revisionsimplantates.
Beim Einsetzen einer künstlichen Hüftpfanne erfolgt deren Ausrichtung übli- cherweise bezüglich einer Referenzebene, insbesondere der Beckeneingangs- ebene des Patienten. Als Maß für die Orientierung werden beispielsweise ein Inklinationswinkel und ein Anteversionswinkel der Hüftpfanne verwendet. Bei der Ausrichtung der Hüftpfanne relativ zum Becken ist allerdings zu beachten, dass die Beckeneingangsebene relativ zur Frontalebene - bei aufrecht stehen- dem Patienten eine Vertikalebene, bei einem liegenden Patienten eine Horizon- talebene - geneigt sein kann. Dies wird als Beckenkippung (pelvic tilt) be- zeichnet. Die Beckenkippungen bei stehendem Patienten und bei liegendem Patienten unterscheiden sich jedoch voneinander, aufgrund der lasttragenden Situation. Das System Becken-Femur ist nicht isoliert zu betrachten, sondern insbesondere auch Muskeln und Sehnen haben einen Einfluss auf den Bewe- gungsapparat. Wird die Hüftpfanne bei liegendem Patienten implantiert, kann es ohne Berücksichtigung der Beckenkippung und ohne Berücksichtigung des Unterschieds der Beckenkippung bei liegendem Patienten und bei stehendem Patienten möglicherweise zu Fehlbelastungen, Lockerungen des Implantats und/oder Bewegungseinschränkungen kommen.
In der DE 10 2013 111 808 Al ist ein Instrumentarium und ein Verfahren für Simulationszwecke in der Hüftendoprothetik beschrieben, mit dem der Einfluss der Beckenkippung simuliert werden kann. Ein Instrumentarium zur Ermittlung der Beckenkippung ist in der DE 10 2014 107 832 Al beschrieben.
Die DE 10 2013 219 470 Al beschreibt ein Verfahren zur präoperativen Pla- nung eines chirurgischen Eingriffes und ein Rechensystem. Dabei werden bei einem in mehrere Segmente frakturierten Knochen physische Nachbildungen der Knochenfragmente hergestellt, die zu einem anatomisch korrekten Kno- chenmodell reponiert werden. Relative lineare Versätze und Drehungen der Fragmente werden bestimmt. Hiervon abhängig wird ein Operationsplan er-
stellt, in welchem die relativen Versätze und Drehungen zur Reponierung der Knochenfragmente vorgegeben werden.
Die US 2018/0185100 Al beschreibt eine Ausführungsform eines chirurgischen Navigationssystems.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein den Operateur unterstützendes Instrumentarium und ein Verfahren bereitzustellen, um den Operateur bei der Behandlung des Knochens im Hinblick auf ein besseres Ergebnis, insbesondere bei einer Revisionsoperation in der Hüftendoprothetik, zu unterstützen.
Diese Aufgabe wird durch ein medizintechnisches Instrumentarium gelöst, um fassend mindestens eine Datenverarbeitungseinrichtung, die ausgebildet und programmiert ist, einen Ist-Zustand-Datensatz eines als schadhaft angesehe- nen Knochens eines Patienten, insbesondere des menschlichen Beckenkno- chens, basierend auf Untersuchungsdaten zu erstellen;
rechnerisch einen Gesundzustand-Datensatz des Knochens anhand des Ist- Zustand-Datensatzes zu erstellen;
einen Planungsdatensatz des Knochens zu erstellen, auf Basis des Gesundzu- stand-Datensatzes, der anatomischen Gegebenheiten (insbesondere der Be- ckenneigung im Stand) und Anweisungen des Operateurs im Hinblick auf eine Behandlung des Knochens, welche Anweisungen über eine Eingabeeinrichtung des Instrumentariums bereitstellbar sind, wobei der Planungsdatensatz insbe- sondere Informationen über charakteristische anatomische Merkmale des Kno- chens umfasst;
den Planungsdatensatz an einer Anzeigeeinrichtung des Instrumentariums darzustellen;
wobei das Instrumentarium ein medizintechnisches Navigationssystem und eine von diesem erfassbare, am Knochen festgelegte oder festlegbare Markier- einrichtung zur Definition einer Referenz umfasst, wobei Lage- und/oder Posi- tionsdaten der Markiereinrichtung vom Navigationssystem bereitstellbar sind; und wobei der Planungsdatensatz von mindestens einer Datenverarbeitungs- einrichtung an der Anzeigeeinrichtung in räumlicher Beziehung, unter Zuord-
nung charakteristischer Landmarken des Knochens zu korrespondieren charak- teristischen Landmarken im Planungsdatensatz, zum Knochen darstellbar ist.
Beim erfindungsgemäßen Instrumentarium besteht der Vorteil für den Opera- teur insbesondere darin, dass abweichend von herkömmlichen Szenarien eine Verknüpfung einer präoperativen Planung mit einer intraoperativen Anwen- dung erfolgt und der Operateur dadurch, beispielsweise über einen Workflow softwareseitig implementiert, intraoperativ anhand von Informationen unter- stützt werden kann, die in die Planung des Eingriffes eingeflossen sind. Im Be- reich der intraoperativen Durchführung besteht insbesondere der Vorteil, dass die Planung des Eingriffes im Hinblick auf dessen Verbesserung überprüft und erforderlichenfalls angepasst werden kann.
Das Instrumentarium umfasst mindestens eine Datenverarbeitungseinrich- tung, wobei deren mehrere vorgesehen sein können, die bei unterschiedlichen Planungsschritten zum Einsatz kommen können. Eine Datenverarbeitungsein- richtung ist so ausgebildet und programmiert, dass sie Untersuchungsdaten des zu behandelnden Knochens heranzieht, beispielsweise auf Basis von Rönt- genaufnahmen und/oder CT-Aufnahmen. Es wird ein Ist-Zustand-Datensatz des "schlechten" Knochens erstellt, wobei Datensätze im vorliegenden Fall vorzugsweise eine dreidimensionale Repräsentation des Knochens umfassen. Rechnerisch kann die Datenverarbeitungseinrichtung einen Gesundzustand- Datensatz des Knochens erstellen. Hierbei können zum Beispiel statistische Formmodelle herangezogen werden. Von Vorteil ist die Erzeugung des Ist-Zu- stand-Datensatzes patientenindividuell anstelle der Nutzung eines generischen Standard-Datensatzes für den Knochen. Im Anschluss daran kann unter Be- rücksichtigung von Planungsanweisungen des Operateurs ein Planungsdaten- satz erstellt werden. Dieser kann insbesondere klinisch relevante Informatio- nen umfassen, im Fall der Hüftendoprothetik zum Beispiel die Lage der Ebene des Acetabulums, das Rotationszentrum und/oder die Achse des Acetabulums. Der Planungsdatensatz kann vorteilhafterweise alternativ oder ergänzend Empfehlungen und/oder Hinweise für den Operateur für den Eingriff aufwei- sen, worauf nachfolgend noch eingegangen wird. Intraoperativ kann am Kno-
chen mittels der Markiereinrichtung, die vom Navigationssystem in an sich be- kannter Weise erfassbar ist, eine Referenz am Knochen geschaffen werden. Charakteristische Landmarken des Knochens können charakteristischen Land- marken des Planungsdatensatzes zugeordnet werden. Dies erlaubt es, die vi- suelle Information des Planungsdatensatzes in definierter räumlicher Bezie- hung zum Knochen an der Anzeigeeinrichtung des Instrumentariums darzu- stellen. Der Operateur erhält auf diese Weise eine visuelle Unterstützung im Sinne einer augmentierten Wirklichkeit (AR, Augmented Reality). Hierbei be- steht beispielsweise die Möglichkeit, einer Darstellung des realen Knochens die berechnete Darstellung des Knochens im Planungsdatensatz an der Anzeige- einrichtung optisch zu überlagern. Durch die Verfolgung der Markiereinrich- tung mittels des Navigationssystems können Änderungen der Lage des Kno- chens im OP-System festgestellt werden. Da der Knochen im Referenzsystem der Markiereinrichtung hinsichtlich Lage und Geometrie bekannt ist, können Planungsdaten bei einer Bewegung des Knochens rechnerisch am Knochen "angeheftet" bleiben und entsprechende visuelle Informationen für den Opera- teur an der Anzeigeeinrichtung vorzugsweise dauerhaft zur Verfügung gestellt werden.
Der Ist-Zustand-Datensatz umfasst vorteilhafterweise eine dreidimensionale Darstellung des Knochens.
Das Instrumentarium kann bei einer bevorzugten Ausführungsform mindes- tens eine bildgebende Einrichtung umfassen. Unter Einsatz der mindestens einen Einrichtung kann beispielsweise der Ist-Zustand-Datensatz erstellbar sein. Alternativ oder ergänzend kann mittels der mindestens einen Einrichtung ein Hilfsdatensatz erstellbar sein, mit dem von der Datenverarbeitungseinrich- tung die Zuordnung der charakteristischen Landmarken durchgeführt wird. Dabei kann vorteilhafterweise die Möglichkeit bestehen, die Markiereinrichtung von der Datenverarbeitungseinrichtung relativ zum Ist-Zustand-Datensatz und/oder zum Planungsdatensatz zu registrieren.
Die mindestens eine bildgebende Einrichtung ist oder umfasst beispielsweise ein Röntgengerät oder CT-Gerät.
Vorgesehen sein kann, dass der Hilfsdatensatz eine Röntgenaufnahme des Knochens und der Markiereinrichtung ist oder umfasst und dass die Datenver- arbeitungseinrichtung die Röntgenaufnahme dem Ist-Zustand-Datensatz und/oder dem Planungsdatensatz überlagert. Die sich daraus ergebende Zu- ordnung charakteristischer Landmarken erfolgt idealerweise automatisch und intraoperativ durch die Datenverarbeitungseinrichtung.
Die Zuordnung des Planungsdatensatzes zum Knochen des Patienten kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass eine Röntgenaufnahme intraoperativ erstellt wird. Hierzu wird zum Beispiel ein C-Bogen-Röntgengerät eingesetzt, mit dem eine zweidimensionale Röntgenaufnahme erstellt wird. Die Röntgen- aufnahme stellt den Knochen, insbesondere den Beckenknochen, und die Mar- kiereinrichtung dar. Die Datenverarbeitungseinrichtung kann die Röntgenauf- nahme dem Ist-Zustand-Datensatz überlagern. Da der Planungsdatensatz auf letzterem basiert, kann auch eine Überlagerung der Röntgenaufnahme mit dem Planungsdatensatz vorteilhafterweise vorgenommen werden. Bei der Überlagerung können Optimierungsalgorithmen von der Datenverarbeitungs- einrichtung eingesetzt werden, die zum Beispiel Helligkeitswerte des Röntgen- bildes mit denen des dreidimensionalen Modells des Knochens überlagert.
In einem weiteren Schritt kann die Orientierung der Markiereinrichtung relativ zum Modell des Knochens ermittelt werden. Basierend auf der Röntgenauf- nahme und unter Berücksichtigung des Vorwissens über die dreidimensionale Anatomie des Knochens kann ein dreidimensionales Bezugssystem zwischen der Markiereinrichtung und dem Knochen geschaffen werden. Infolge dieser Referenzierung der Markiereinrichtung relativ zum Modell des Knochens kann das Navigationssystem auf Basis der von der Markiereinrichtung referenzierten Position die Lage und/oder Orientierung des Knochens ermitteln. Bei einer Be- wegung des Patienten während des Eingriffs kann die Bildinformation des Pla- nungsdatensatzes mitbewegt werden, da sich die Referenzierung auf die rela-
tiv zum Knochen fixierte Markiereinrichtung bezieht. Der Planungsdatensatz ist gewissermaßen am Knochen "angeheftet".
Vorgesehen sein kann, dass die Markiereinrichtung direkt oder indirekt am Knochen festgelegt oder festlegbar ist. Eine Festlegung der Markiereinrichtung am Knochen kann nicht-invasiv oder invasiv sein.
Die Darstellung der Bildinhalte des Planungsdatensatzes an der Anzeigeein- richtung erfolgt vorzugsweise in Echtzeit relativ zum Patienten, um dem Ope- rateur den Eingriff zu erleichtern.
Günstig ist es, wenn das Navigationssystem mindestens eine Kamera zum Er- fassen des Knochens umfasst und diesbezügliche Aufnahmen an der Anzeige- einrichtung in Kombination mit der Darstellung des Planungsdatensatzes dar- stellbar sind. Der Bildinhalt des Planungsdatensatzes kann auf diese Weise op- tisch den Aufnahmen des Knochens zugeordnet werden, beispielsweise über diese gelegt werden oder in diese integriert werden. Planungsinformationen, anhand derer der Operateur insbesondere den gesunden Zustand des Kno- chens mit beispielsweise klinisch relevanten Parametern im Verhältnis zum kranken Ist-Zustand des Knochens vergleichen kann, können auf diese Weise besonders intuitiv vom Operateur wahrgenommen werden.
Das Navigationssystem ist oder umfasst beispielsweise ein Head-mounted- Display, das die Anzeigeeinrichtung umfasst. Dies bietet den Vorteil, dass der Operateur, ohne den Blick vom Operationsfeld auf eine räumlich entfernt posi- tionierte Anzeigeeinrichtung richten zu müssen, den Bildinhalt des Planungsda- tensatzes im Sichtfeld angezeigt bekommen kann. Dieser Bildinhalt kann so dargestellt werden, dass er visuell unter Zuordnung korrespondierender cha- rakteristischer Landmarken beispielsweise über dem Knochen liegt. Die vor- stehend erwähnte Kamera kann beispielsweise in diesem Fall eingespart wer- den.
Dieselben Vorteile können bei einer bevorzugten Ausführungsform dadurch erzielt werden, dass das Navigationssystem eine Datenbrille ist oder umfasst, die die Anzeigeeinrichtung umfasst.
Günstig ist es, wenn am Display oder an der Datenbrille eine vom Navigations- system erfassbare Markiereinrichtung angeordnet ist, deren Bewegung im Raum verfolgt wird, wobei die Darstellung des Planungsdatensatzes abhängig von der Lage und/oder Orientierung des Displays bzw. der Datenbrille erfolgt. Auf diese Weise kann die Zuordnung der Bildinhalte des Planungsdatensatzes zum Knochen vorgenommen werden, wenn der Operateur sich mit dem Dis- play oder der Brille bewegt. Die Bewegung kann vom Navigationssystem ver- folgt werden. Der Datenverarbeitungseinrichtung kann eine diesbezügliche In- formation übermittelt werden. Je nach Blickrichtung des Operateurs kann der Bildinhalt derart angepasst werden, dass er insbesondere mit demjenigen Bild- inhalt des realen Knochens übereinstimmt, den der Operateur sieht (beispiels- weise Blickrichtung auf den Knochen, Abschnitt des Knochens etc.).
Von Vorteil ist es, wenn das Display oder die Datenbrille das Navigationssys- tem ausbildet zum Erfassen der Markiereinrichtung am Knochen. Ein geson- dertes medizintechnisches Navigationssystem kann auf diese Weise eingespart werden. Ein Messsystem des Navigationssystems zur Erzeugung der Lage- und/oder Positionsdaten der Markiereinrichtung kann physisch in das Display oder die Datenbrille integriert sein. Alternativ oder ergänzend ist mindestens eine Datenverarbeitungseinrichtung vorzugsweise in das Display oder die Da- tenbrille integriert.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform des Instrumentariums kann vorgese- hen sein, dass dieses ein handhaltbares integriertes Navigationssystem um fasst, das mindestens eine Datenverarbeitungseinrichtung und die Anzeigeein- richtung umfasst, beispielsweise in Gestalt eines Smartphones oder Tablet- Computers. "Integriert" kann beispielsweise dahingehend aufgefasst werden, dass die Datenverarbeitungseinrichtung und die Anzeigeeinrichtung in einem gemeinsamen Gehäuse angeordnet sind. Ferner weist das Instrumentarium
bevorzugt eine Kamera zum Erfassen der Markiereinrichtung und des Kno- chens auf. Diesbezügliche Aufnahmen können an der Anzeigeeinrichtung dar- gestellt und mit den Bildinhalten des Planungsdatensatzes angereichert wer- den. Das Messsystem zur Bestimmung der Lage- und/oder Positionsdaten der Markiereinrichtung ist vorzugsweise ebenfalls in das handhaltbare Navigations- system integriert.
Von Vorteil ist es, wenn die Datenverarbeitungseinrichtung ausgebildet und programmiert ist, Abweichungen zwischen dem Ist-Zustand-Datensatz und dem Gesundzustand-Datensatz zu ermitteln.
Von Vorteil ist es dabei insbesondere, wenn die Datenverarbeitungseinrichtung ausgebildet und programmiert ist, Abweichungen im Hinblick auf mindestens eines der Folgenden zu klassifizieren :
Knochenschwund des schadhaften Knochens gegenüber dem re- konstruierten gesunden Knochen;
Knochenzuwachs des schadhaften Knochens gegenüber dem re- konstruierten gesunden Knochen; von Knochen unterschiedliches Material am schadhaften Knochen, zum Beispiel Knochenersatzmaterial oder Knochenzement; die Menge oder den Grad der Abweichung, beispielsweise die Größe des Knochendefektes bzw. dessen Ausdehnung in mindestens einer Raumrichtung; den Ort der Abweichung, beispielsweise die Position des Knochen- defektes am Knochen.
Vorteilhafterweise ist die Datenverarbeitungseinrichtung ausgebildet und pro- grammiert, eine Klassifikation segmentweise am Knochen vorzunehmen. Hier-
unter kann vorliegend insbesondere verstanden werden, dass der Knochen rechnerisch segmentiert werden kann, beispielsweise in klinisch relevante Sek- toren. Die klinische Relevanz kann von dem vorzunehmenden Eingriff abhän- gen, wobei die Sektoren bei unterschiedlichen Eingriffen eine höhere oder ge- ringere Relevanz aufweisen können. Die Segmentierung der Klassifikation bie- tet für den Operateur beispielsweise den Vorteil, sich bei der Planung nicht in Details zu verlieren, sondern strukturiert und systematisch vorzugehen.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform ist die Datenverarbeitungseinrichtung ausgebildet und programmiert, abhängig von der Klassifikation Hinweise ins- besondere an der Anzeigeeinrichtung bereitzustellen und/oder dem Planungs- datensatz für die Durchführung der Operation Hinweise hinzuzufügen. Dies unterstützt den Operateur bei der Planung und/oder Durchführung der Opera- tion.
Hinweise können beispielsweise die Implantationstechnik betreffen, zum Bei- spiel die Art der Implantation, einen Vorschlag für den Knochenaufbau (bei- spielsweise die Nutzung porösen Metallschaums, von Knochenersatzmaterial, Knochenzement oder Entnahme von Knochen an anderer Stelle und Einbrin- gung in den zu behandelnden Knochen).
Alternativ oder ergänzend können sich die Hinweise zum Beispiel auf die Im- plantatauswahl beziehen, beispielsweise die Art des Implantates und/oder die Größe des Implantates.
Wie eingangs erwähnt, kann es sich bei dem Knochen insbesondere um den Beckenknochen handeln. Auf die Möglichkeit, dass eine Beckenkippung bei dem Patienten vorliegt, bei welcher die Beckeneingangsebene relativ zur Fron- talebene geneigt ist, wurde bereits ebenfalls eingegangen.
Günstig ist es, wenn der Planungsdatensatz bei einer Behandlung des Becken- knochens eine Information über die Beckenkippung bei stehendem und/oder bei liegendem Patienten umfasst. Durch diese zusätzliche Information kann
der Operateur im Hinblick auf ein verbessertes Implantationsergebnis angelei- tet werden. Vorteilhaft kann insbesondere sein, dass im Planungsdatensatz die unterschiedliche Orientierung des Beckenknochens zwischen stehendem Pati- enten und liegendem Patienten berücksichtigt ist.
Die Beckenkippung, beispielsweise bei stehendem Patienten, kann zum Bei- spiel mittels einer bildgebenden Einrichtung ermittelt werden, insbesondere präoperativ. Beispielsweise kann eine Röntgenaufnahme mit einer CT- Aufnahme kombiniert werden. Weitergehende Untersuchungen des Beckens, zum Beispiel mittels Ultraschall, sind nicht erforderlich.
Von Vorteil ist es, wenn der Planungsdatensatz Implantationsinformationen für ein Implantat umfasst, insbesondere eine künstliche Hüftpfanne, wobei die Implantationsinformationen an die Orientierung des Patienten bei der Behand- lung angepasst sind und dem Operateur bereitstellbar sind. Im Planungsda- tensatz kann die Orientierung des Implantats, das bei liegendem Patienten implantiert wird, insbesondere entsprechend der Beckenkippung bei stehen- dem Patienten angepasst werden, um eine bestmögliche Implantation sicher- zustellen.
Günstigerweise umfassen die Planungsdaten mindestens einen für die Operati- on am Knochen relevanten Parameter, beispielsweise die Lage einer charakte- ristischen Ebene, einer charakteristischen Achse und/oder eines charakteristi- schen Punktes in Bezug auf den Knochen im Planungsdatensatz.
Die Parameter, die insbesondere als klinisch relevant angesehen werden kön- nen, können bei der Durchführung des Eingriffes beispielsweise über Aug- mented Reality den tatsächlichen, vom Operateur betrachteten oder mittels Aufnahmen an der Anzeigeeinrichtung dargestellten Knochen visuell überla- gern. Bei einer Hüftoperation können als relevante Parameter beispielsweise die Ebene des Acetabulums, die Achse des Acetabulums oder das Rotations- zentrum dem Planungsdatensatz hinzugefügt werden.
Vorzugsweise ist die Datenverarbeitungseinrichtung ausgebildet und pro- grammiert, das Operationsergebnis auf Basis der Planungsdaten zu simulieren und dem Operateur diesbezügliche Informationen bereitzustellen. Beispiels- weise kann im Rahmen der Simulation die mechanische Stabilität des Kno- chens bei einer Implantation abgeschätzt werden. Hierzu kann die Datenver- arbeitungseinrichtung zum Beispiel eine Finite-Elemente-Berechnung auf Basis der Planungsdaten durchführen.
Das Instrumentarium kann bei einer bevorzugten Ausführungsform eine Spei- chereinheit umfassen, in der Informationen in Bezug auf vorangegangene Be- handlungen gespeichert sind, wobei die Datenverarbeitungseinrichtung vor- teilhafterweise ausgebildet und programmiert ist, einen Behandlungserfolg basierend auf den Informationen und den Planungsdaten abzuschätzen und dem Operateur diesbezügliche Informationen bereitzustellen. Informationen über Operationsergebnisse für vorangegangene Behandlungen, insbesondere über einen längeren Zeitraum, können in der Speichereinheit hinterlegt sein. Die Datenverarbeitungseinrichtung kann diese Informationen einschließlich zugehöriger Daten (beispielsweise Operationsparametern und Klassifikation von Defekten des Knochens) heranziehen. Die Beurteilung von Knochendefek- ten basiert auf quantitativen Feststellungen. Behandlungen des Knochens und deren Erfolge können individuell erfasst und gespeichert werden. Vorteilhaf- terweise kann eine große Datenbasis herangezogen werden, die zum Beispiel nach Knochendefekten klassifiziert sein kann. Moderne Verfahren wie zum Bei- spiel Machine Learning und Neural Networks erlauben zum Beispiel bei unbe- kannten oder erstmals auftretenden Knochendefekten eine Einschätzung, ob eine Behandlung der Wahrscheinlichkeit nach erfolgreich sein wird. Diesbezüg- liche Hinweise können dem Operateur bereitgestellt werden, um eine Behand- lungsstrategie zu erstellen. Beispielsweise können die Daten zeigen, dass ein bestimmtes Implantat ab einer bestimmten Defektgröße schlechte Ergebnisse zeigt und stattdessen eine andere Behandlungsstrategie gewählt werden soll- te.
Der Speichereinheit sind vorteilhafterweise über eine Eingabeschnittstelle In- formationen in Bezug auf den Erfolg der Behandlung zur Speicherung zuführ- bar, für die Berücksichtigung bei späteren Behandlungen. Auf diese Weise kann die Datenbasis für spätere Behandlungen und diesbezügliche Hinweise an den Operateur verbessert werden.
Zum Erfassen der charakteristischen Landmarken des Knochens intraoperativ kann beispielsweise eine Ultraschallsonde vorgesehen sein, an der eine vom Navigationssystem erfassbare Markiereinrichtung festgelegt ist.
Alternativ oder ergänzend kann ein Palpationswerkzeug zu demselben Zweck vorgesehen sein, an dem eine vom Navigationssystem erfassbare Markierein- richtung festgelegt ist.
Es kann vorgesehen sein, dass das Navigationssystem mindestens eine Daten- verarbeitungseinrichtung umfasst oder ausbildet oder umgekehrt.
Die Erstellung des Ist-Zustand-Datensatzes, des Gesundzustand-Datensatzes und des Planungsdatensatzes kann beispielsweise von derselben Datenverar- beitungseinrichtung durchgeführt werden wie die intraoperative Nutzung des Planungsdatensatzes. Alternativ kann vorgesehen sein, dass die Planungsda- ten zur intraoperativen Nutzung auf eine unterschiedliche Datenverarbeitungs- einrichtung übertragen werden.
Zumindest zwei der folgenden Aufgaben sind mittels derselben Datenverarbei- tungseinrichtung oder mittels unterschiedlicher Datenverarbeitungseinrichtun- gen durchführbar:
Erstellen des Ist-Zustand-Datensatzes;
Erstellen des Gesundzustand-Datensatzes;
Erstellen des Planungsdatensatzes;
Darstellen des Planungsdatensatzes an der Anzeigeeinrichtung.
Wie eingangs erwähnt, betrifft die vorliegende Erfindung auch ein Verfahren.
Die eingangs genannte Aufgabe wird durch ein erfindungsgemäßes medizin- technisches Verfahren gelöst, bei dem:
ein Ist-Zustand-Datensatz eines als schadhaft angesehenen Knochens eines Patienten, insbesondere des menschlichen Beckenknochens, basierend auf Un- tersuchungsdaten erstellt wird;
rechnerisch ein Gesundzustand-Datensatz des Knochens anhand des Ist- Zustand-Datensatz erstellt wird;
ein Planungsdatensatz des Knochens erstellt wird, auf Basis des Gesundzu- stand-Datensatzes und Anweisungen des Operateurs im Hinblick auf eine Be- handlung des Knochens, welche Anweisungen über eine Eingabeeinrichtung des Instrumentariums bereitstellbar sind, wobei der Planungsdatensatz insbe- sondere Informationen über charakteristische anatomische Merkmale des Kno- chens umfasst;
wobei der Planungsdatensatz an einer Anzeigeeinrichtung darstellbar ist;
wobei mit einem medizintechnischen Navigationssystem eine am Knochen festgelegte Markiereinrichtung zur Definition einer Referenz erfasst und Lage- und/oder Positionsdaten der Markiereinrichtung vom Navigationssystem be- reitgestellt werden;
und der Planungsdatensatz an der Anzeigeeinrichtung in räumlicher Bezie- hung, unter Zuordnung charakteristischer Landmarken des Knochens zu kor- respondieren charakteristischen Landmarken im Planungsdatensatz, zum Kno- chen dargestellt wird.
Die Vorteile, die bereits im Zusammenhang mit der Erläuterung des erfin- dungsgemäßen Instrumentariums erwähnt wurden, können bei der Ausübung des Verfahrens ebenfalls erzielt werden. Diesbezüglich kann auf die voranste- henden Erläuterungen verwiesen werden.
Vorteilhafte Ausführungsbeispiele des Verfahrens ergeben sich durch vorteil- hafte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Instrumentariums. Diesbe- züglich kann auf die voranstehenden Ausführungen verwiesen werden.
Die nachfolgende Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung dient im Zusammenhang mit der Zeichnung der näheren Erläuterung der Er- findung. Die beschriebenen Instrumentarien erlauben die Durchführung eines vorteilhaften Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens. Es zei- gen :
Figur 1 : eine schematische perspektivische Darstellung eines erfindungs- gemäßen Instrumentariums in Anwendung durch einen Operateur bei einem Patienten mit einem zu behandelnden Knochen, bei dem es sich vorliegend um den Beckenknochen handelt;
Figur 2: eine grafische Repräsentation des Bildinhaltes eines Ist-Zustand-
Datensatzes des Beckenknochens, gesehen von lateral;
Figur 3: eine grafische Repräsentation des Bildinhaltes eines Gesundzu- stand-Datensatzes des Beckenknochens, gesehen von lateral;
Figur 4: eine grafische Repräsentation des Bildinhaltes eines Planungsda- tensatzes des Beckenknochens, gesehen von lateral;
Figur 5: eine schematische Teildarstellung einer eine Anzeigeeinrichtung aufweisenden Datenbrille für den Operateur, wobei ein Bildinhalt des Planungsdatensatzes dargestellt wird;
Figur 6: eine Darstellung entsprechend Figur 5 mit andersartiger Darstel- lung des Bildinhaltes des Planungsdatensatzes; und
Figur 7: eine Darstellung entsprechend Figur 1 bei einer weiteren bevorzug- ten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Instrumentariums.
Figur 1 zeigt in schematischer Darstellung eine mit dem Bezugszeichen 10 be- legte vorteilhafte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Instrumentari- ums. Darüber hinaus ist ein Operateur 12 bei der Behandlung eines auf einer Patientenliege 14 liegenden Patienten 16 dargestellt. Der Patient 16 unterzieht sich einem operativen Eingriff, insbesondere einer Revisionsoperation an ei- nem Knochen 18. Bei dem Knochen 18 handelt es sich vorliegend um den Be- ckenknochen.
Die Zeichnung zeigt dementsprechend die Anwendung der Erfindung bei einer Revisionsoperation in der Hüftendoprothetik. Beispielsweise wird eine in der Zeichnung nicht dargestellte künstliche Hüftpfanne des Patienten 16 durch ei- ne ebenfalls nicht dargestellte neue Hüftpfanne ersetzt. Der Knochen 18 weist insgesamt Knochendefekte auf, die dem Operateur 12 den Eingriff erschweren. Um dem Operateur 12 den Eingriff im Hinblick auf ein besseres Operationser- gebnis zu erleichtern, kann dieser die vorliegende Erfindung anwenden.
Das Instrumentarium 10 umfasst ein medizintechnisches Navigationssystem 20, das bei der vorliegenden Ausführungsform ein optisches Messsystem 22 aufweist. Das Messsystem 22 steht mit einer Datenverarbeitungseinrichtung 24 des Navigationssystems 20 in Wirkverbindung.
Mit dem Messsystem 22 kann eine medizintechnische Markiereinrichtung 26 in an sich bekannter Weise erfasst werden. Die Datenverarbeitungseinrichtung 24 kann diesbezügliche Lage- und/oder Positionsdaten an die Datenverarbei- tungseinrichtung 24 übertragen. Es besteht insbesondere die Möglichkeit, die Markiereinrichtung 26 im Raum zu verfolgen.
Im vorliegenden Fall ist die Markiereinrichtung 26 zur Definition einer Referenz am Knochen 18 festgelegt, beispielsweise durch Verschraubung oder Verkle- bung. Alternativ ist eine nicht-invasive Anbringung einer medizintechnischen Markiereinrichtung am Knochen 18 denkbar.
Das Instrumentarium 10 umfasst ferner eine weitere Markiereinrichtung 28.
Die Markiereinrichtungen 26, 28 können vom Navigationssystem 20 unter- schieden werden. Die Markiereinrichtung 28 ist vorliegend an einer Ultraschall- sonde 30 gehalten. Mittels der Ultraschallsonde 30 können charakteristische Landmarken des Knochens 18 nicht-invasiv erfasst und dadurch im Bezugssys- tem der Markiereinrichtung 26 lokalisiert werden.
Als charakteristische Landmarken des Knochens 18 können beispielsweise die Darmbeinstachel und das Schambein zur Definition der Beckeneingangsebene im Referenzsystem bestimmt werden. Denkbar ist selbstverständlich auch die Nutzung anderer oder weiterer charakteristischer Landmarken, die Aufschluss über die Lage und Orientierung des Knochens 18 im Raum liefern.
Anstelle der navigierten Ultraschallsonde 30 kann zum Ertasten charakteristi- scher Landmarken beispielsweise ein nicht dargestelltes Palpationswerkzeug mit einer Tastspitze eingesetzt werden, an dem eine Markiereinrichtung gehal- ten ist.
Die Markiereinrichtungen 26, 28 können passiv und insbesondere retroreflek- tierend für vom Messsystem 22 ausgesandte Strahlung sein. Denkbar ist auch die Nutzung aktiver Markiereinrichtungen.
Das Instrumentarium 10 umfasst ferner eine vom Operateur 12 tragbare Da- tenbrille 32. Alternativ oder ergänzend kann ein Head-mounted-Display, am Kopf des Operateurs 12 tragbar, vorgesehen sein, zum Beispiel in Gestalt ei- ner VR-Brille.
Die Datenbrille 32 weist vorliegend ein herkömmliches Brillengestell auf, mit Bügeln 34 zum Auflegen auf den Ohren und einem Steg 36 zum Auflegen auf der Nase des Operateurs 12. Es kann vorgesehen sein, dass die Datenbrille 32 optische Gläser umfasst. Dies ist jedoch für die vorliegende Erfindung nicht wesentlich.
Durch die Datenbrille 32 hindurch kann der Operateur 12 die Szene beobach- ten. Ein durch gestrichelte Linien 38 in Figur 1 gekennzeichneter Bereich sym- bolisiert ein Sichtfeld 40 des Operateurs 12. Das Sichtfeld 40 ist vorliegend auf den Knochen 18 gerichtet.
Die Datenbrille 32 weist vorliegend eine Anzeigeeinrichtung 42 auf. Die Anzei- geeinrichtung 42 ist derart an der Datenbrille 32 angeordnet, dass Bildinhalte der Anzeigeeinrichtung 42 vom Operateur 12 beim natürlichen Betrachten ei- ner Szene wahrgenommen werden können. Die Bildinhalte werden daher der- art eingeblendet, dass sie innerhalb des Sichtfeldes 40 liegen. Dies bietet die Möglichkeit, dem Operateur 12 Informationen an der Anzeigeeinrichtung 42 darzustellen, die über die von ihm betrachtete Szene gelegt werden, im Sinne einer augmentierten Realität (AR, Augmented Reality).
Zum Bereitstellen der Bildinhalte an der Anzeigeeinrichtung 42 ist beispiels- weise die Datenverarbeitungseinrichtung 24 vorgesehen. Beispielsweise wer- den Informationen betreffend die Bildinhalte von der Datenverarbeitungsein- richtung 24 über korrespondierende Kommunikationsglieder 44, 46 vorzugs- weise kabellos an die Datenbrille 32 übertragen.
Vorzugsweise ist denkbar, dass die Datenbrille 32 eine eigenständige Daten- verarbeitungseinrichtung 48 aufweist, die in einer Kommunikationsverbindung mit der Datenverarbeitungseinrichtung 24 steht, wobei die Anzeigeeinrichtung 42 von der Datenverarbeitungseinrichtung 48 angesteuert werden kann.
Die Datenbrille 32 weist vorliegend eine vom Messsystem 22 erfassbare Mar- kiereinrichtung 50 auf. Dies bietet die Möglichkeit, die Lage und Orientierung der Datenbrille 32 mittels des Navigationssystems 22 zu bestimmen. Dies er- laubt es insbesondere festzustellen, in welche Richtung das Sichtfeld 40 des Operateurs 12 gerichtet ist. Infolgedessen kann das Sichtfeld 40 in Beziehung mit dem von der Markiereinrichtung 26 definierten Referenzsystem gebracht werden.
Betrachtet der Operateur 12 beispielsweise den Knochen 18, liegt dieser im Sichtfeld 40. Augmented-Reality-Informationen in Bezug auf den Knochen 18 können wie nachfolgend erläutert an der Anzeigeeinrichtung 42 derart darge- stellt werden, als befänden sie sich am Knochen 18 selbst oder an der Stelle des Knochens 18. Alternativ oder ergänzend ist die Möglichkeit gegeben, Augmented-Reality-Informationen so an der Anzeigeeinrichtung 42 darzustel- len, dass der Operateur 12 sie zusammen mit dem Knochen 18 wahrnehmen und "betrachten" kann, zum Beispiel seitlich neben dem Knochen 18, über oder unter diesem etc.
Figur 7 zeigt eine mit dem Bezugszeichen 100 belegte vorteilhafte Ausfüh- rungsform eines erfindungsgemäßen Instrumentariums, bei dem das Navigati- onssystem 20 durch die Datenbrille 32 ausgebildet wird und abweichend vom Instrumentarium 10 kein räumlich gesondertes Navigationssystem 20 vorhan- den ist. Auf das Instrumentarium 100 wird nachfolgend noch eingegangen.
Mit der Datenverarbeitungseinrichtung 24 oder einer weiteren Datenverarbei- tungseinrichtung des erfindungsgemäßen Instrumentariums 10 kann präope- rativ eine Planung des Eingriffes durchgeführt werden. Zu diesem Zweck kann zunächst insbesondere ein Ist-Zustand-Datensatz des Knochens 18 erstellt werden, basierend auf Untersuchungsdaten. Vorteilhafterweise umfasst der Ist-Zustand-Datensatz eine dreidimensionale Darstellung des Knochens 18.
Die Untersuchungsdaten beruhen beispielsweise auf Röntgenaufnahmen oder CT-Bildern. Das Instrumentarium 10 kann zu diesem Zweck mindestens eine in Figur 1 schematisch dargestellte bildgebende Einrichtung 25 aufweisen. Es können mehrere bildgebende Einrichtungen 25 vorhanden sein.
Die bildgebende Einrichtung 25 kann beispielsweise ein Röntgengerät oder ein CT-Gerät sein, zum präoperativen und/oder intraoperativen Einsatz.
Vorteilhaft kann es sein, wenn aus der Kombination von Röntgenaufnahmen und CT-Aufnahmen die Beckenkippung des Patienten 16 ermittelt werden kann
(pelvic tilt). Denkbar ist, dass die Beckenkippung bei stehendem Patienten und bei liegendem Patienten ermittelbar ist.
Figur 2 zeigt in einer Sicht von lateral den Bildinhalt des Ist-Zustand-Daten- satzes 52 des hier mit dem Bezugszeichen 18' belegten Knochens. Der Ist-Zu- stand-Datensatz weist vorzugsweise, wie auch die weiteren vorliegend er- wähnten Datensätze, eine 3D-Repräsentation des Knochens auf.
Im Ist-Zustand-Datensatz kann der Operateur 12 zunächst visuell die Beschaf- fenheit des Knochens 18 feststellen und insbesondere einschätzen, inwieweit Knochendefekte vorliegen.
Figur 2 kennzeichnet in einem mittels Punkten hervorgehobenen Areal 54 Ab- schnitte des Knochens 18 mit Knochendefekten. Es versteht sich, dass weitere Areale 54 mit Knochendefekten am Ist-Zustand-Datensatz 52 vorhanden und dargestellt werden könnten, zum Beispiel wenn dieser in drei Dimensionen un- tersucht wird.
Die Datenverarbeitungseinrichtung 24 ist ausgebildet und programmiert, auf Basis des Ist-Zustand-Datensatzes einen Gesundzustand-Datensatz des Kno- chens 18 rechnerisch zu erstellen. Hierbei werden statistische Modelle heran- gezogen. Berücksichtigt werden können insbesondere auch das Geschlecht, das Alter, das Gewicht, die Größe, die Anamnese und/oder der soziokulturelle Hintergrund des Patienten 14.
Figur 3 zeigt eine zweidimensionale Darstellung des Gesundzustand-Daten- satzes 56 des hier mit dem Bezugszeichen 18" belegten Knochens in einer An- sicht von lateral.
Vorteilhaft ist es, dass der Gesundzustand-Datensatz 56 patientenindividuell errechnet werden kann und nicht auf einen generischen Datensatz zurückge- griffen werden muss.
Die Datenverarbeitungseinrichtung 24 ist so ausgebildet und programmiert, dass sie Abweichungen zwischen dem Ist-Zustand-Datensatz 52 und dem Ge- sundzustand-Datensatz 56 rechnerisch bestimmen kann. Dabei kann insbe- sondere eine Klassifikation der Abweichungen vorgenommen werden, bei- spielsweise in Bezug auf Knochenschwund, Knochenzuwachs, von Knochen unterschiedliches Material, wie etwa Knochenersatzmaterial oder Knochenze- ment, Menge oder Grad der Abweichung sowie Ort der Abweichung.
Die Klassifikation der Abweichungen kann von der Datenverarbeitungseinrich- tung 24 beispielsweise segmentweise am Knochen 18 vorgenommen werden. Beispielsweise wird rechnerisch der Knochen 18 in klinisch relevante Sektoren unterteilt. Figur 4 stellt dies schematisch dar, am Beispiel von Sektoren 58, 60 und 62, die jeweils unterschiedlich in der grafischen Repräsentation hervorge- hoben sind.
Figur 4 stellt einen bei der Planung der Operation erstellten Planungsdatensatz 64 mit Blickrichtung von lateral auf den vorliegend mit dem Bezugszeichen 18"' belegten Knochen dar. Zum Erstellen des Planungsdatensatzes 64 werden beispielsweise die anhand der Klassifikation bestimmten Knochendefekte der Sektoren 58, 60 und 62 berücksichtigt. Insbesondere besteht die Möglichkeit für den Operateur, die Planung unter Nutzung einer Eingabeeinrichtung 66 des Instrumentariums 10 vorzunehmen. Dabei kann der Operateur 12 den Pla- nungsdatensatz 64 im Hinblick auf ein optimales Implantationsergebnis nut- zen, anpassen und auswerten.
Die Datenverarbeitungseinrichtung 24 kann dem Operateur 12 beispielsweise abhängig von der Klassifikation der Knochendefekte Hinweise bezügliche der Implantationstechnik und/oder der Implantatauswahl unterbreiten. Die Hin- weise können dem Planungsdatensatz 64 hinzugefügt und/oder an einer bei- spielhaft dargestellten Anzeigeeinrichtung 68 dargestellt werden.
Denkbar ist insbesondere auch, dass dem Planungsdatensatz 64 relevante Pa- rameter, die von Bedeutung für den Eingriff sind, hinzugefügt werden. Rele-
vante Parameter sind beispielsweise die Lage der Ebene des Acetabulums 70, die Lage der Achse des Acetabulums 70 und/oder die Lage des Rotationszent- rums. Präoperativ kann der Operateur 12 mit dem erfindungsgemäßen In- strumentarium interagieren, um beispielsweise diese relevanten Parameter im Planungsdatensatz 64 zu überprüfen, oder die Datenverarbeitungseinrichtung 64 kann entsprechende Vorschläge unterbreiten.
Das Instrumentarium kann eine vorliegend in die Datenverarbeitungseinrich- tung 24 integrierte Speichereinheit 71 umfassen. Die Speichereinheit 71 kann auch räumlich getrennt von der Datenverarbeitungseinrichtung 24 angeordnet und mit dieser gekoppelt sein.
In der Speichereinheit 71 sind vorteilhafterweise Informationen über frühere gleichartige Behandlungen gespeichert, die von der Datenverarbeitungsein- richtung 24 berücksichtigt werden können, um einen Behandlungserfolg basie- rend auf dem Planungsdatensatz 64 abzuschätzen. Dem Operateur 12 können diesbezügliche Informationen zum Beispiel über die Anzeigeeinrichtung 68 be- reitgestellt werden.
Die Speichereinheit 71 kann eine Eingabeschnittstelle aufweisen, beispielswei- se über die Eingabeeinrichtung 66, zur Zuführung von Informationen in Bezug auf den Erfolg der Behandlung. Derartige Informationen können bei späteren Behandlungen zur Erstellung der Planungsdatensätze berücksichtigt werden.
Vorteilhaft kann es sein, wenn der Planungsdatensatz 64 Implantationsinfor- mationen für ein Implantat 73 umfasst, im vorliegenden Fall eine künstliche Hüftpfanne. Günstig ist es dabei, wenn Informationen über die zuvor ermittel- te Beckenkippung des Patienten 16 im Planungsdatensatz vorhanden sind. Beispielsweise berücksichtigt der Planungsdatensatz die Informationen über die Beckenkippung, angepasst an die operative Situation. Dabei kann zum Bei- spiel berücksichtigt werden, dass der Patient 16 während der Operation liegt. Implantationsinformationen können für die Ausrichtung des Implantats 73 auf diesen liegenden Zustand angepasst sein, wobei jedoch berücksichtigt ist, dass
mithilfe dieser Anpassung und unter Berücksichtigung der Beckenkippung bei stehendem Patienten im lasttragenden Fall eine bestmögliche Implantation im Hinblick auf Stabilität und Bewegungsumfang (ränge of motion) besteht.
Zur intraoperativen Nutzung kann der Planungsdatensatz 64 erforderlichenfalls auf eine Datenverarbeitungseinrichtung im Operationsraum übertragen wer- den. Anderenfalls kann der an der Datenverarbeitungseinrichtung 24 erstellte Planungsdatensatz 64 genutzt werden.
Der Operateur 12 kann wie beschrieben charakteristische Landmarken des Knochens 18 festlegen, deren Lage im Referenzsystem der Markiereinrichtung 26 bestimmt werden können. Der Blick des Operateurs 12 ist beispielsweise auf den Knochen 18 gerichtet, erfassbar vom Navigationssystem 20. In die vom Operateur 12 beobachtete reale Szene kann ein Bildinhalt des Planungs- datensatzes 64 eingeblendet werden, um den Operateur 12 beim Eingriff zu unterstützen. Dies ist in den Figuren 5 und 6 schematisch dargestellt.
Die Zuordnung der charakteristischen Landmarken des realen Knochens 18 zu den korrespondierenden charakteristischen Landmarken des Knochens 18"' im Planungsdatensatz 64 kann rechnerisch von der Datenverarbeitungseinrich- tung 24 vorgenommen werden. Die im Planungsdatensatz 64 enthaltene räumliche Information wird dadurch räumlich in Übereinstimmung mit der rea- len Geometrie des Knochens 18 gebracht und mit dieser in definierte räumli- che Beziehung gesetzt.
Die Zuordnung von charakteristischen Landmarken des Knochens 18 zum Ist- Zustand-Datensatz 52 und/oder zum Planungsdatensatz 64 kann beispielswei- se intraoperativ unter der Nutzung der bildgebenden Einrichtung 25 erfolgen. Zum Beispiel wird als Einrichtung 25 ein C-Bogen-Röntgengerät eingesetzt, das eine Röntgenaufnahme des Knochens 18 zusammen mit der Markierein- richtung 28 erstellt. Wie bereits eingangs erläutert kann die 2D- Röntgenaufnahme dem 3D-Modell überlagert werden. Über die Markiereinrich-
tung 28 kann eine Referenzierung des physischen Knochens 18 relativ zum 3D-Modell geschaffen werden.
Zusätzlich kann im Planungsdatensatz 64 weitere Information an der Anzeige- einrichtung 42 angezeigt werden. Figur 5 stellt dies beispielhaft für die ver- schiedenartigen Knochendefekte in den Sektoren 58, 60 und 62 dar. Figur 6 zeigt beispielhaft schematisch die Lage der Ebene 72 des Acetabulums 70 so- wie von dessen Achse 74. Die Figuren 5 und 6 symbolisieren mit Bezugszei- chen 76 belegt weitere Inhalte des Planungsdatensatzes 64, ausgebildet als Anweisungen 76 zur Anleitung des Operateurs während des Eingriffs.
Der Operateur 12 kann die zusätzliche Information der augmentieren Realität nutzen und die reale Situation während der Operation mit der im Vorfeld vor- genommenen Planung im Hinblick auf ein optimales Operationsergebnis ab- gleichen.
Die Aktualisierung der Anzeigeeinrichtung 42 erfolgt vorzugsweise in Echtzeit, so dass die Bildinhalte der Anzeigeeinrichtung 42 über eine Bewegung des Operateurs 12 und/oder des Patienten 14 stets positionsgerecht angezeigt werden können.
Es versteht sich, dass die Darstellung der Figuren 5 und 6 nur schematisch ist. Die Darstellung des Planungsdatensatzes 64 und der Anweisungen 76 wird vom Operateur 12 so wahrgenommen, als befänden sich die dargestellten Bildinhalte innerhalb seines Sichtfeldes 40 an der korrekten Solllage, wobei der Operateur 12 lediglich durch die Anzeigeeinrichtung 42 hindurchblickt.
Die bereits erwähnte vorteilhafte Ausführungsform des Instrumentariums 100 in Figur 7 kommt ohne externes Navigationssystem 20 aus. Insbesondere ist das Navigationssystem 20 in die Datenbrille 32 integriert oder wird von dieser ausgebildet. Dadurch entfällt die Notwendigkeit, die Datenbrille 32 mit der Markiereinrichtung 50 versehen mittels eines Navigationssystems zu verfol- gen.
Zum Erfassen der Markiereinrichtungen 26, 28 weist die Datenbrille 32 beim Instrumentarium 100 insbesondere ein integriertes Messsystem mit einer Ka- mera 102 auf, die anstelle der Navigationskamera 78 des Messsystems 22 zum Einsatz kommt.
Im Übrigen können die mittels des Instrumentariums 10 erzielbaren Vorteile beim Instrumentarium 100 ebenfalls erzielt werden, so dass diesbezüglich auf die voranstehenden Ausführungen verwiesen werden kann.
Bei einer weiteren bevorzugten Ausführungsform kann ein integriertes, hand- haltbares Navigationssystem vorgesehen sein, beispielsweise in Gestalt eines Smartphones oder eines Tablet-Computers. Dieses kann eine Kamera zum Er- fassen der Szene aufweisen, wobei Aufnahmen der Szene an einer Anzeigeein- richtung dargestellt werden können. Die Informationen des Planungsdatensat- zes 64 können die Bildinhalte der Aufnahmen augmentieren und in entspre- chender Weise wie bei den Instrumentarien 10, 100 genutzt werden.