DE19953636A1 - Radioaktive Materialien - Google Patents
Radioaktive MaterialienInfo
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Abstract
Die Erfindung betrifft radioaktive Materialien. DOLLAR A Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einfach herstellbare neutronenaktivierbare Materialien zu finden, die für die verschiedensten Anwendungen einsetzbar und entsprechend anpaßbar sind. DOLLAR A Gelöst wird diese Aufgabe dadurch, daß mindestens eine inerte Verbindung der Seltenen Erden, die homogen oder inhomogen in einem Matrixmaterial verteilt ist, durch Neutronenbehandlung aktiviert wurde.
Description
Die Erfindung betrifft radioaktive Materialien.
Der dosierte Einsatz radioaktiver Strahlung hat sich auf vielen
Gebieten der Medizin und der Biologie bewährt. Ziel der Anwen
dung von Radioaktivität ist es, hemmenden Einfluß auf das Wachs
tum von eukaryotischen und prokaryotischen Zellen zu nehmen. So
findet Radioaktivität eine breite Anwendung im Bereich der Ste
rilisation von medizinischen Instumenten und Injektionslösungen
(Wallhäuser, 1995). Hierbei wird aufgrund der größeren Reichwei
te vornehmlich γ-Strahlung verwendet; als Strahlenquelle hat sich
insbesondere 60Co durchgesetzt.
Ein großes Anwendungsgebiet radioaktiver Strahlung bildet der
Einsatz bei onkologischen Patienten. Zur Therapie von oberfläch
lich liegenden Tumoren im Hautbereich kommt zum Beispiel der
Röntgenweichstrahlung (Jung, 1991), bei tiefer im Körper liegen
den Tumoren im z. B. gynäkologischen Bereich unter anderem 60Co
oder Neutronenstrahlung (Gross, 1989) zum Einsatz.
Ein wesentliches Problem bei der Applikation von Radioaktivität
zur Hemmung von Zellwachstum und zur Herbeiführung des Zelltodes
liegt in der Schwierigkeit, die radioaktive Strahlung auf den
gewünschten Zielbezirk zu konzentrieren und Schädigungen des um
liegenden gesunden Gewebes zu vermeiden. Sowohl beim Einsatz ex
terner Strahlungsquellen wie auch bei Afterloadingverfahren un
ter Einsatz von γ-Strahlen, die derzeit die meist verwendeten
Verfahren darstellen, ist die applizierbare Dosis durch Strah
lenschädigung des umgebenden Gewebes stark limitiert.
Neben dem Einsatz bei malignen Tumoren können radioaktive Strah
len auch das Wachstum von primär gutartigen Zellen regulieren
und werden z. B. bei Behandlung von Hämangiomen, von Narben
keloiden nach Operationen sowie zur Verhinderung von heterotopen
Ossifikationen nach Hüftoperationen eingesetzt (Ayers, 1986; Bo
rok, 1988).
Der in den Patentansprüchen angegebenen Erfindung liegt das Pro
blem zugrunde, einfach herstellbare und gut handhabbare neutro
nenaktivierbare Materialien zu finden, die für die verschieden
sten Anwendungen einsetzbar und entsprechend anpaßbar sind.
Dieses Problem wird durch die in den Patentansprüchen angegebe
nen Merkmale durch neue mittels Neutronen radioaktivierbare Ma
terialien gelöst, die mindestens eine inerte Verbindung der Sel
tenen Erden fein verteilt in einem Matrixmaterial enthalten.
Der Einsatz von Radioaktivität gebunden an ein geeignetes Ma
trixmaterial ermöglicht es, die Radioaktivität vor Ort zu dosie
ren und speziell bei ihrer Anwendung in der Medizin Kollateral
schäden zu vermeiden.
Die Verwendung einer inerten Verbindung der Seltenen Erden ge
währleistet, daß es bei Kontakt mit Körperflüssigkeiten oder
-geweben zu keinen unerwünschten Reaktionen kommt, die eine Ver
änderung des Materials oder eine chemische Schädigung des Kör
pers oder der zu bestrahlenden Gegenstände hervorrufen. Partikel
unterschiedlicher Größe einer solchen Substanz sind einfach zu
verarbeiten und mit unterschiedlichen Matrixmaterialien (u. a.
Polyethylen, Polyamid, Polypropylen, Polytetrafluorethylen, Po
lyvinylidenfluorid und Silikon) mischbar.
Das Matrixmaterial soll dazu dienen, eine solche inerte Verbin
dung einer Seltenen Erde homogen oder inhomogen aufzunehmen und
in einer geeigneten äußeren Form zu umschließen. Je nach Anwen
dung soll die inerte Verbindung der Seltenen Erden durch das Ma
trixmaterial am Verlassen des Endproduktes gehindert oder in ei
ner dosierten Form abgegeben werden. Das Endprodukt, das ganz
oder teilweise aus einer Mischung des Matrixmaterials mit der
inerten Verbindung der Seltenen Erden hergestellt wird, wird an
schließend durch eine Neutronenbehandlung radioaktiviert, bei
der durch Neutroneneinfang der Kern des verwendeten Isotopes in
einen instabilen Zustand versetzt wird und das neu entstandene
Isotop aus diesem instabilen Zustand mit einer charakteristi
schen Halbwertszeit unter Abgabe von β-Strahlung und/oder γ-
Strahlung und/oder α-Strahlung in ein stabiles Isotop zerfällt.
Aufgrund ihres hohen Kerndurchmessers eignen sich Seltene Erden
besonders, zusätzliche Neutronen aufzunehmen.
Die so hergestellten Endprodukte oder Bauteile können, da sie
unter anderem körperverträglich sind, eine Funktion innerhalb
des Körpers z. B. als Implantate oder auch außerhalb des Körpers
als Teile von medizinischen oder nicht medizinischen Geräten
übernehmen. Die durch die Radioaktivierung vom Endprodukt ausge
hende radioaktive Strahlung kann das Zellwachstum, insbesondere
von Tumorzellen, hemmen und bei höherer Intensität der radioak
tiven Strahlung auch prokaryotische Mikroorganismen innerhalb
oder außerhalb zum Absterben bringen.
Eine solche inerte Verbindung der Seltenen Erden ist Thuliu
moxid. Thuliumoxid ist wasserunlöslich und gut körperverträg
lich. Partikel unterschiedlicher Größe dieser Substanz sind ein
fach zu verarbeiten und mit unterschiedlichen Matrixmaterialien
mischbar.
Durch die Radioaktivierung, d. h. durch Neutroneneinfang am Re
aktor entsteht aus dem natürlich vorkommenden Isotop 169Tm des
Thuliumoxids das radioaktive Isotop 170Tm. Dieses Isotop zerfällt
mit einer Halbwertszeit von ca. 4 Monaten (128,6 Tagen) unter
Aussendung von β-Strahlen zu 170Yb (Ytterbium). Die ausgesandten
β-Strahlen haben im Gewebe eine Reichweite von wenigen Millime
tern.
Zusätzlich zu der β-Strahlung wird eine relativ weiche γ-Strah
lung (Bremsstrahlung, 84 keV) emittiert, die in ihren Eigen
schaften der Röntgenstrahlung ähnelt. Diese γ-Strahlung hat im
Gewebe eine größere Reichweite.
Vorteil von Thulium ist, daß es in der Natur nur in Form eines
stabilen Isotops vorkommt und damit durch die Radioaktivierung
nicht eine unübersichtliche Zahl von Isotopen entsteht. Ferner
handelt es sich bei 170Yb, seinem Zerfallsprodukt, ebenfalls um
ein stabiles Isotop, so daß kein weiterer Kernzerfall auftritt.
Weiterhin zerfällt 170Tm überwiegend (< 97,5%) unter Abgabe einer
β-Strahlung, die aufgrund ihrer Reichweite für zahlreiche Anwen
dungen geeignet ist. Der geringe Anteil von γ-Strahlung ist hin
sichtlich der von ihr ausgehende Gefahr für gesundes Gewebe, das
den zu bestrahlenden Tumor bzw. das zu bestrahlende Zielgebiet
umgibt, wegen der geringen Intensität der γ-Strahlung aus strah
lenmedizinischer Sicht zu vernachlässigen.
Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß die hergestellten Bau
teile und Endprodukte nach Abklingen der Radioaktivität z. B.
nach Überschreiten der Lagerzeit erneut auf dieselbe Art radio
aktiviert und wieder verwendet werden können, um möglicherweise
teure Herstellungskosten zu sparen. Desgleichen ist ein Recy
cling der verwendeten Materialien möglich, um damit andere oder
gleiche Produkte nach Umschmelzen und Radioaktivierung herzu
stellen.
Der Anteil der Verbindungen Seltener Erden, die dem Matrixmate
rial zugesetzt werden, beträgt 0,1 bis 25%. Bei Zusatz von mehr
als 25% der seltenen Erden würden zum einen die Materialkosten
steigen und zum anderen die mechanischen Eigenschaften des Ma
trixmaterials sich ungünstig verändern, zum Beispiel durch er
höhte Brüchigkeit. Bei einem niedrigeren Anteil als 0,1% würden
sich die notwendigen Bestrahlungszeiten im Neutronenfluß zu
stark verlängern. Durch zu lange Bestrahlungszeiten wird aber
die Bestrahlung zu teuer und könnten mechanische Schäden am Ma
trixmaterial auftreten. Ein Thuliumanteil von 4 bis 6 Gewichts-%
bezogen auf das Matrixmaterial ist aus diesen Gründen günstig.
Als Matrixmaterial eigenen sich die unterschiedlichsten Materia
lien, wie z. B. Kunststoffe, auch mit Verstärkung durch Faser
werkstoffe, Glas, Polymere, Keramik, Metalle und ihre Legierun
gen, Teflon, Glasfasern, Kohlefasern, Zahn- und Knochenzement,
Silikonverbindungen sowie organische und bioorganische Verbin
dungen. Voraussetzung für das Matrixmaterial ist nur, daß es
sich mit der inerten Verbindung der Seltenen Erde (als stabiles
oder instabiles Isotop) mischen läßt, dabei die geforderten me
chanischen Eigenschaften behält und die nötige chemische Stabi
lität insbesondere gegenüber Körperflüssigkeiten aufweist. Durch
die Vielzahl der möglichen Matrixmaterialien ist es in den mei
sten Fällen möglich, auf die bereits für die jeweilige Anwen
dung, insbesondere medizinische, verwendeten und in ihren Eigen
schaften bekannten Materialien zurückzugreifen und diese nur mit
einer geeigneten Menge der inerten Verbindung von Seltenen Erden
zu vermischen und anschließend zu radioaktivieren. Zum Beispiel
können aus Thuliumoxid mit kohlefaserhaltigen Kunststoffen ge
mischt Herzklappen hergestellt werden oder Stents und Katheter
aus Thuliumoxid mit Polyethylen.
Den neutronenaktivierbaren radioaktiven Materialien können Rönt
genkontrastmittel zugesetzt werden, falls ein Einsatz vorgesehen
ist, bei dem die Lage des Implantates mittels Röntgendurchleuch
tung bestimmt bzw. korrigiert werden soll. Als Kontrastmittel
eignen sich z. B. Bariumsulfat, Quecksilbersulfid oder Bismut
subcarbonat. Bezogen auf das Matrixmaterial erscheint ein Ge
wichtsanteil des Kontrastmittels von 10-40% günstig. Bei Ver
wendung von Teflon ist zur Sichtbarmachung im MRT kein zusätzli
ches Kontrastmittel erforderlich.
Das neutronenaktivierbare Material, bestehend aus Matrix und der
inerten Verbindung von Seltenen Erden kann vor oder nach der Ak
tivierung mit weiteren radioaktivierbaren, radioaktiven oder
nicht radioaktiven Materialien oder Bauteilen kombiniert werden.
Je nach beabsichtigtem Effekt können dafür verschiedene radioak
tive oder radioaktivierbare Substanzen mit unterschiedlicher
Halbwertszeit, Strahlungsart und -energie eingesetzt werden.
Beispielsweise wäre die Kombination mit weiteren inerten Verbin
dungen der Seltenen Erden mit geringer Halbwertszeit sinnvoll,
um eine hohe Initialdosis setzen zu können. Weiterhin ist es
möglich, durch verschiedene Verfahren zusätzlich Radioaktivität
in den Werkstoff einzubringen, z. B. durch Implantation von 32P
in die Oberfläche.
Die neutronenaktivierten, radioaktiven Materialien sind als the
rapeutisches Mittel bei Mensch und Tier einsetzbar.
Sie eignen sich als Medizinprodukte wie Implantate, z. B. für
chirurgisch tätige Disziplinen, Endoprothesen, Katheter, Stents,
zur gezielten Embolisation von malignen Raumforderungen, zur äu
ßerlichen Anwendung auf der Haut, als Bestandteile von künstli
chen Herzklappen oder als Plomben im Bereich der Augenheilkunde.
Stents oder Katheter aus radioaktiven Materialien eignen sich
zur Anwendung im arteriellen, venösen, peritonealen, peridualen,
cerebralen (Ventrikeldrainage) Bereich.
Je nach Problemstellung kann es günstig sein, nur einen Teil ei
nes Schlauchstückes aus Kunststoff mit Thuliumoxid als radioak
tivierbarer Komponente zu fertigen und diesen mit einem Thulium
freien Schlauch zu verschweißen.
Zur Materialeinsparung und/oder zur Verminderung der γ-Strah
lenkomponente kann das Material auf einen inerten Träger aufge
bracht werden, wie z. B. auf Kunststoffe, Metalle oder Metall
gitter.
Von Vorteil ist, daß eine medizinisch zugelassene Sterilisation
und die sterile Verpackung der Medizinprodukte vor der Aktivie
rung durch Neutronen erfolgen kann. Dadurch werden Handhabungs-
bzw. Produktionschritte mit schon radioaktiven Materialien ver
mieden.
Die Höhe der später emittierten Radioaktivität kann nicht nur
durch den Gehalt der inerten Verbindung der Seltenen Erde regu
liert und voraus berechnet werden, sondern dies ist auch durch
Veränderung der Dauer und Intensität der Neutronenstrahlung mög
lich. So steigt die erzielte Radioaktivität - in dem für techni
sche und medizinische Anwendungen relevanten Bereich - propor
tional zur Bestrahlungszeit an. Dies geht am Beispiel von Thuli
umoxid auch aus der folgenden Näherungsformel zur Berechnung der
resultierenden Radioaktivität pro cm Probenlänge hervor: A = n σ
ϕ ln2 t / T 1/2, wobei n = Anzahl der Tm-Atome/cm, σ = 105 barn =
105 × 10-24 cm2, T1/2 = Halbwertszeit = 128,6d, ϕ = 1,85 × 1012 N/cm3,
t = Bestrahlungszeit.
Für die medizinische und technische Anwendung sind mehrere Akti
vitätsbereiche von Interesse, auf die die Radioaktivität einge
stellt werden soll. Ein Ziel ist es, die Radioaktivität so zu
dosieren, daß das Wachstum von eukaryotischen Zellen verhindert
wird.
Um das Zellwachstum z. B. von Tumorzellen oder Fibroblasten im
Abstand von 2-3 mm zu einem radioaktiver Thuliumoxid-haltigen
Kunststoffröhrchen mit einem Durchmesser von etwa 3 mm in vitro
zu verhindern, sind je nach der Strahlensensibilität der Zellart
ungefähr 6-35 µCi/cm Schlauchlänge erforderlich. Um ruhende eu
karyotische Zellen im selben Versuchsaufbau abzutöten, sind hö
here Strahlungsdosen erforderlich. Diese betragen je nach Strah
lensensibilität der Zelle ungefähr 12-80 µCi/cm2 Materialober
fläche.
Weiterhin kann es Ziel sein, auch prokaryotische Zellen, wie
Bakterien und Pilze, abzutöten bzw. ein weiteres Wachstum zu
verhindern. Dies ist für einzelne Anwendungen im menschlichen
Körper von Bedeutung, z. B. um eine Besiedelung der Implantato
berfläche mit prokaryotischen Organismen zu verhindern und deren
Folgen, wie septische Embolien, Abszessbildung und Fokusentste
hung für weitere Infektionen zu vermeiden, zumal Implantatinfek
tionen bisher schwer behandelbar sind. Hierfür ist eine Neutro
nenbestrahlung, bis zu einer Radioaktivität von 500 µCi/cm2 Mate
rialoberfläche günstig. Auch die Kombination dieser Materialien
mit anderen Verfahren wie einer Silberbeschichtung oder einer
antibiotischen Therapie ist möglich.
Dabei ist zu beachten, daß durch den exponentiellen Abfall der
applizierten Dosis ein Effekt auf prokaryotische Zellen insbe
sondere auf der Implantatoberfläche erzielt wird und die Wirkung
auf nicht direkt anliegende eukaryotische Zellen deutlich gerin
ger ist.
Auch für die Verhinderung von Keimansiedlungen auf Teilen von
medizinischen Anlagen oder Geräten sind diese Materialien von
Bedeutung. Für diesen Einsatzzweck ist eine Neutronenbestrah
lung, bis zu einer Radioaktivität von 20 000 µCi/cm2 Materialober
fläche sinnvoll.
Diese Wirkung ist vor allem bei Bauteilen von Nutzen, die nicht
kurzfristig austauschbar sind, dennoch aseptische Kriterien er
füllen müssen, z. B. weil sie in Kontakt mit organischen Mate
rialien kommen. Anwendungsbeispiele sind zum Beispiel Filteran
lagen, Schlauchsysteme, Sammelbehälter usw..
In Form von kleinen Kügelchen aus Kunststoff eignen sich die Ma
terialien zur gezielten Embolisation über einen arteriellen Zu
gang in einen Tumor oder eine Metastase, um dort im Kapillarge
biet hängen zu bleiben und auf diese Weise eine lokale Wachs
tumshemmung zu erreichen. Vorteil hierbei ist, daß sich die Wir
kung im Vergleich zur Embolisation mit nicht radioaktiven Sub
stanzen (z. B. Stärkepartikeln) über die mechanische und nutri
tive Wirkung einer gestörten Blutversorgung hinaus auch auf Zel
len auswirkt, die im Randbereich des Tumors sitzen und von ande
ren Gefäßen mit versorgt werden. Aufgrund der relativ langen
Halbwertszeit von etwa 4 Monaten bei Thuliumoxid können auch ru
hende Tumorzellen, die wesentlich weniger strahlensensibel als
proliferierende Zellen sind, erreicht werden. Damit sinkt die
Rezidivquote gegenüber einer punktuellen externen Bestrahlung
oder einer Embolisation mit Substanzen kürzerer Halbwertszeit.
Es ist eine langfristige Vermeidung eines Lokalrezidives mög
lich.
Die Anwendung der gezielten Radioembolisation ist im Gegensatz
zur konventionellen Embolisation jedoch nicht nur auf arterielle
Stromgebiete begrenzt, sondern auch zum Beispiel auf dem Lymph
weg möglich. So lassen sich lymphogene Metastasen eines malignen
Melanoms an einer Extremität durch Injizieren von radioaktiven,
Thuliumoxid-haltigen Polyethylenkügelchen behandeln. Vorteil ist
hier, daß sich die Radioaktivität entsprechend der Metastasie
rungswege ausbreitet und deshalb zielgenau appliziert werden
kann. Dadurch sind die erforderlichen Strahlungsdosen erheblich
geringer als bei einer externen Bestrahlung.
Zur Herstellung dieser Partikel wird körperverträglichem Poly
ethylen 5% fein vermahlenes Thuliumoxid zugesetzt. Das Thulium
oxid ermöglicht die spätere Radioaktivierung. Beim Aufschmelzen
(Erwärmen auf etwa 200°C) bleiben die feingemahlenen Teilchen
in der Mischung suspendiert und sind nach dem Abkühlen des Poly
mers homogen in der Masse verteilt und vom Kunststoff fest um
schlossen. Aus diesem Material werden kleine Polyethylenpartikel
mit einem Durchmesser von z. B. 30-100 µm hergestellt. Das Ma
terial kann auch unter vorhergehender Abkühlung vermahlen wer
den. Die gewünschte Partikelgröße wird durch Filtrations- oder
Siebevorgänge selektiert. Die Partikel werden anschließend durch
Neutronenbeschuß in einem Kernreaktor radioaktiviert.
Kunststoffen, deren Rezeptur zur Herstellung von Harnröhren-
und Harnleiterkathetern zugelassen ist, wird 5% in einer Kugel
mühle fein vermahlenes Thuliumoxid zugesetzt. Beim Aufschmelzen
(Erwärmen auf etwa 200°C) bleiben die feingemahlenen Teilchen
in der Mischung suspendiert und sind nach dem Abkühlen des Poly
mers homogen in der Masse verteilt und vom Kunststoff fest um
schlossen.
Aus dem geschmolzenen Kunststoff wird durch eine Spritzgußma
schine (Extruder) ein Schlauch mit z. B. einem Innendurchmesser
von 2,5 mm und einer Wandstärke von 0,25 mm hergestellt. Dieser
Schlauch wird anschließend zu einem Doppel-J-Katheter in den üb
lichen Abmessungen weiterverarbeitet, indem er auf eine Länge
von 5-10 cm geschnitten wird. An beiden Enden dieser Stücke
werden Teile eines Kunstoffschlauches mit den selben Durchmes
sern angefügt, der ohne Zusatz von Thuliumoxid hergestellt
wurde. Beide Enden werden in J-Form (z. B. durch Biegen unter
Wärmebehandlung) gebracht, um den Katheter später in der richti
gen Position zu halten. Dabei wird der Teil des Katheters radio
aktiviert, der in direkten Kontakt zu der zu behandelnden narbi
gen Stenose oder Tumorstenose kommt. Durch die Radioaktivität
wird ein Rezidiv der narbigen Stenose (Hemmung von Fibroblasten
wachstum) verhindert bzw. das Wachstum von Tumorzellen begrenzt.
Die Stents werden in Kunststoffbeutel eingeschmolzen und mit
Ethylenoxid sterilisiert.
Der Vorteil liegt zugleich in der Reduktion der Keimbesiedelung
auf der Oberfläche des Katheders.
Materialien, z. B. faserverstärkten Kunststoffen (z. B. Kohlefa
sern), die zum Einsatz bei Herzklappensegeln zugelassen sind,
wird in einer Kugelmühle fein vermahlenes Thuliumoxid z. B. mit
einem Gewichtsanteil von 0,5-3% zugesetzt. Beim Aufschmelzen
bleiben die feingemahlenen Teilchen in der Mischung suspendiert,
homogen verteilt und können nach dem Zufügen des Faseranteils in
die gewünschte Form gebracht werden. Das Thuliumoxid ist nach
Abkühlen des Polymers homogen in der Masse verteilt und von der
Matrix fest umschlossen. Das Werkstück wird anschließend durch
Neutronenbeschuß in einem Kernreaktor radioaktiviert.
Mit einem solchen radioaktiven Herzklappensegel kann vermieden
werden, daß sich Bakterien festsetzen und die Ausbildung eines
septischen Thrombus verursachen. Aufgrund der starken Bewegungen
der Klappensegel neigen insbesondere dort lokalisierte Thromben,
als Emboli in andere Gebiete zum Beispiel das Gehirn abzuwandern
und dort Infarkte zu verursachen. Durch die β-Strahlung des ra
dioaktiven Materials ist eine hohe Oberflächendosis zu errei
chen, die eine Keimbesiedlung verhindert. Zudem hat ein mechani
sches Klappensegel keinen direkten Kontakt zum Herzmuskelgewebe,
so daß aufgrund der geringen Reichweite z. B. bei 170Tm die Schä
digung der Herzmuskelzellen vernachlässigbar gering ist. Ein
solches Herzklappensegel kann mit nichtradioaktiven Bauteilen zu
einer Herzklappe kombiniert werden.
Chirurgischen Implantaten wie Schrauben, Platten, Gelenke und
Gelenkteile, die entweder aus Kunststoff mit oder ohne Faserver
stärkung oder aus Metallegierungen oder aus Kombinationen beider
Werkstoffe bestehen, wird fein vermahlenes Thuliumoxid z. B. mit
einem Gewichtsanteil von 0,5-10% zugesetzt. Kombinationen der
beiden Werkstoffe sind z. B. in Form eines Metallkernes mit um
gebendem Thuliumoxid-haltigen Kunststoffmantel möglich. Als
Kunststoffe eignen sich hierfür z. B. insbesondere duroelastische
Materialien und solche, die eine hohe Schlag- und Bruchfestig
keit aufweisen. Als Beispiel wären z. B. Polyethylen-HD-Verbin
dungen und Polyarylamid-Verbindungen zu nennen. Beim Aufschmel
zen bleiben die feingemahlenen Verbindungen in der Mischung sus
pendiert und homogen verteilt und werden in Spritzgußtechnik z. B.
um einen Metallkörper im Zentrum gespritzt. Das Werkstück
wird anschließend durch Neutronenbeschuß in einem Kernreaktor
radioaktiviert.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten der radioaktiven Materialien
gibt es am menschlichen Auge, da Operationen aufgrund der räum
lichen Nachbarschaft hoch differenzierter Gebiete z. B. bei Tu
moroperationen wie Retino- und Melanoblastomen oft mit einem
Verlust der Organfunktion oder einer Einschränkung der Sehfähig
keit verbunden sind. Auf der anderen Seite ist es oft nicht mög
lich, entzündliche oder proliferative Prozesse an der Netz- und
Aderhaut (z. B. Periphlebitis retinae, Panarteriitis nodosa,
Thrombangitis obliterans, diabetische Retinopathie) mit den her
kömmlichen medikamentösen Therapien und invasiven Netzhautbe
handlungen wie Kryo- oder Laserkoagulation, die ja nur punktu
elle Vernarbungen bewirken, flächendeckend zu behandeln.
Für beide Indikationen ist es möglich, radioaktive, Thuliumoxid
haltige (z. B. mit einem Thuliumoxidanteil von 0,1-10%) Plom
ben aus Kunststoff, z. B. Polyethylen, transparenten Silikonpo
lymeren oder auch thermoelastischen Kunststoffen außen an das
Auge anzunähen bzw. innen der Netzhaut anliegend zu befestigen,
um proliferative Prozesse zu stoppen, die zu weiteren Netzhaut
schädigungen führen können. Aber auch Netzhauttumoren wie Retin
oblastome, die sich aufgrund ihrer Größe einer Visus-erhaltenden
Operation entziehen, können durch solche Plomben präeoperativ,
postoperativ oder als alleinige Maßnahme behandelt werden. Durch
die Radioakivität können insbesondere auch einzelne infiltrativ
wachsende Tumorzellen erreicht werden, die sich ansonsten einer
Behandlung entziehen würden. Insbesondere Thuliumoxid erscheint
hier aufgrund der Reichweite seiner β-Strahlung von wenigen Mil
limetern, der Halbwertszeit, die eine längere Applikation ermög
licht, um auch ruhende Zellen abzutöten, und dem geringen Anteil
an γ-Strahlung, die ja eine Linsentrübung hervorrufen kann, be
sonders geeignet und den herkömmlichen Bestrahlungsarten überle
gen. Beim Aufschmelzen bleibt die feingemahlene Thuliumoxidver
bindung in der Kunststoff-Mischung suspendiert und homogen ver
teilt. Die Mischung wird in z. B. in Spritzgußtechnik in die ge
wünschte Form gebracht und das Werkstück anschließend durch Neu
tronenbeschuß in einem Kernreaktor radioaktiviert.
Die radioaktiven Materialien eignen sich zum Einsatz bei Tumo
ren, die sich aufgrund ihrer Lage, Ausdehnung, Infiltration oder
des Allgemeinzustandes des Patienten einem kurativen operativen
Verfahren entziehen. Als Beispiel sind hier Tumoren der Haut,
wie Basaliome, Melanome oder Spinaliome, aber auch der Weich
teile zu nennen. Zur Behandlung dieser Tumoren und insbesondere
von kleinen makroskopisch nicht sichtbaren Absiedlungen im Rand
bereich ist es möglich, praeoperativ, postoperativ oder auch als
alleinige Therapie ein radioaktives Thuliumoxid-haltiges Werk
stück z. B. in Form eines Plättchens aus thermoelastischen
Kunststoffen oder Polyethylen als Matrixmaterial bei einem Thu
liumgehalt von 0,1-10% aufzunähen bzw. anzubringen. Für un
ebene anatomische Verhältnisse lassen sich leicht verformbare,
gelartige oder flüssige Kunststoffpolymere wie z. B. Silikonpo
lymere mit dem selben Thuliumanteil einsetzen. Beim Aufschmelzen
bleibt die feingemahlene Thuliumoxidverbindung in der Kunst
stoff-Mischung suspendiert und homogen verteilt und wird z. B.
in Spritzgußtechnik in die gewünschte Form gebracht. Das Werk
stück wird anschließend durch Neutronenbeschuß in einem Kernre
aktor radioaktiviert. Vorteil dieses Verfahrens ist wiederum die
geringe Strahlenbelastung des umgebenden Gewebes, die Erfassung
vereinzelt liegender Zellen im Randbereich, die ambulante Be
handlungsmöglichkeit und das Vermeiden verstümmelnder chirurgi
scher Eingriffe.
Bauteile technischer Geräte u. a. aus dem medizintechnischen Be
reich, die regelmäßig oder potentiell mit prokaryiotischen Orga
nismen und Zellen kontaminiert werden, die jedoch steril oder
keimarm gehalten werden sollen und nicht einer kurzfristigen,
regelmäßigen Keimreduktion unterworfen werden können, wie Sam
melbehälter, Schlauchsysteme, Filteranlagen, Gehäuse für elek
tronische Bauteile usw. können aus der Vielzahl der oben genann
ten Matrixmaterialien wie z. B. Kunststoffen bestehen, denen
eine inerte Verbindung einer seltenen Erde z. B. Thuliumoxid zu
gesetzt wird. Auch Werkstücke aus organischen und bioorganischen
Verbindungen wie Zellulose, organischen Gelen, Stärke usw. sind
vor Besiedelung und Zersetzung durch Prokaryonten schützbar,
wenn das feingemahlene inerte Thuliumoxid in der Matrix suspen
diert und homogen verteilt und anschließend in die gewünschte
Form gebracht wird. Das Werkstück wird anschließend durch Neu
tronenbeschuß in einem Kernreaktor radioaktiviert. Bei den tech
nischen Werkstücken kann, wenn eine genügende Abschirmung ge
währleistet ist, eine deutliche höhere Radioaktivität zum Ein
satz kommen als beim Menschen.
Ayers DC, Evarts cm, Parkinson JR: The prevention of heterotopic
ossification in high-risk patients by low-dose radiation therapy
after total hip arthroplasty. J Bone Joint Surg 68 : 1423-30,
1986.
Borok TL, Bray M, Sinclair I: Role of ionizing irradiation for 393 keloids. Int J Radiat Oncol Biol Phys 14 : 865-70, 1988.
Gross R, Schölmerich P, Gerok W: Lehrbuch der Inneren Medizin. Thieme, 1989.
Jung EG: Dermatologie, Hippokrates Verlag, 1991.
Wallhäuser K H: Praxis der Sterilisation, Desinfektion und Kon servierung. 5. Auflage. Thieme. 1995.
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Jung EG: Dermatologie, Hippokrates Verlag, 1991.
Wallhäuser K H: Praxis der Sterilisation, Desinfektion und Kon servierung. 5. Auflage. Thieme. 1995.
Claims (12)
1. Radioaktive Materialien gekennzeichnet durch mindestens eine
inerte Verbindung der Seltenen Erden, die homogen oder inho
mogen in einem Matrixmaterial verteilt ist und durch Neutro
nenbehandlung radioaktiviert sind.
2. Radioaktive Materialien nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch
Thuliumoxid als inerte Verbindung der Seltenen Erden.
3. Radioaktive Materialien nach Anspruch 1 und 2, gekennzeichnet
durch einen Gehalt von 0,1 bis 25% an Verbindungen der Sel
tenen Erden.
4. Radioaktive Materialien nach Anspruch 1 bis 3, gekennzeichnet
durch Kunststoffe, Glas, Keramik, Polymere mit und ohne Fa
seranteil wie Kohle- oder Glasfasern, oder Metalle, Teflon
und organische und bioorganische Verbindungen als Matrixmate
rial.
5. Radioaktive Materialien nach Anspruch 1 bis 4, gekennzeichnet
durch zugesetzte Röntgenkontrastmittel.
6. Radioaktive Materialien nach Anspruch 1 bis 5 gekennzeichnet
durch mindestens eine weitere radioaktive Komponente mit sich
von der Verbindung der Seltenen Erden unterscheidender Halb
wertszeit, Strahlungsart und -energie.
7. Verfahren zur Herstellung der radioaktiven Materialien gemäß
Anspruch 1 bis 6, gekennzeichnet durch eine dosierte Neutro
nenbestrahlung.
8. Verfahren zur Herstellung der radioaktiven Materialien gemäß
Anspruch 1 bis 7, gekennzeichnet durch eine Neutronenbestrah
lung bis zu einer Radioaktivität von 80 µCi/cm2 Materialober
fläche zum Absterben und zur Verhinderung des Wachstums euka
riotischen Zellen.
9. Verfahren zur Herstellung der radioaktiven Materialien gemäß
Anspruch 1 bis 7, gekennzeichnet durch eine Neutronenbestrah
lung bis zu einer Radioaktivität von 20000 µCi/cm2 Mate
rialoberfläche zum Absterben und zur Verhinderung des Wachs
tums prokariotischer Zellen.
10. Anwendung der radioaktiven Materialien nach den Ansprüchen 1
bis 9 als therapeutisches Mittel bei Mensch und Tier.
11. Anwendung der radioaktiven Materialien gemäß Anspruch 1 bis
10 als Medizinprodukte wie Implantate, Endoprothesen, Kathe
ter, Stents, zur gezielten Embolisation von malignen Raumfor
derungen, zur äußerlichen Anwendung auf der Haut und zur in
nerlichen Anwendung in der Tumortherapie, als Bestandteile
von künstlichen Herzklappen oder als Plomben im Bereich der
Augenheilkunde.
12. Anwendung der radioaktiven Materialien gemäß Anspruch 1 bis
11 zur Herstellung von Anlagenteilen zum Absterben und zur
Verhinderung des Wachstums prokariotischer Zellen auf oder in
ihnen.
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